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Ski-Hochtour Schuchtkogel - 3472m - Ötztaler Alpen

 

Teilnehmer: Robert

Datum: 16.01.2022

Gipfel: Schuchtkogel 3472m

 

Schwierigkeiten:  ST I-II – Am Gipfelanstieg max. UIAA I - 1780hm - 24km

Lawine: 1 - meist günstige Lawinensituation

Verhältnisse: Notabfahrt frisch präpariert, Gletscherspalten tragfähig zugedeckt, im Gipfelanstieg lockerer Schotter. max. UIAA I

Wetter: Sonnniger, stabiler Januartag, letzter Schönwettertag vor einer Kaltfront

 

 

Strecke: Mittelberg, Parkplatz Gletscherskigebiet Pitztal – Gasthof Steinbock – Notabfahrt Grießtal Pitztaler Gletscherskigebiet – ab 2650m Mittelbergferner – Schuchtkogel Südflanke – Schuchtkogel Gipfel 3472m – Schuchtkogel Südflanke – Mittelbergferner – Notabfahrt Grießtal Pitztaler Gletscherskigebiet – Mittelberg, Parkplatz Gletscherskigebiet Pitztal

Eine kleine Übersicht unserer Runde. Jedoch ohne jeglichen Maßstab.

Auf dem Weg ins Grießtal.

Lange habe ich auf eine Ski-Hochtour gewartet. Gefühlt lag meine letzte schon Jahre zurück. Tatsächlich war das auch fast so. Anfang März 2020, war ich das letzte Mal in der dünnen Winterluft über 3000 Meter – Damals mit Landauer Freunden auf dem Hohen Riffler im Zillertal. Corona und die eingehenden Ausreisebeschränkungen verhinderten im Winter und Frühjahr weitere Touren in meiner Winter Lieblingsaktivität.

 

Aber jetzt ist es wieder soweit. Da aber die frühwinterlichen, eigentlich ergiebigen Schneefälle unter 2500 Meter den unglaublich warmen Jahreswechsel-Temperaturen zu Opfer fielen, mussten wir auf die Hilfe eines Skigebiets bauen, um wenigstens einigermaßen materialschonend in die Höhe und vor allem auch wieder hinunter zu kommen. 

Die Watzespitze, ein Paradegipfel im Kaunergrat beim Zurückblicken.

Wir wollten den letzten Tag einer längeren Schönwetterperiode nutzen und einen eher unbekannten, selten bestiegenen Gipfel, nahe dem Pitztaler Skigebiet zu besteigen. Den Schuchtkogel.

 

Wir starteten 07:10Uhr vom hintersten Parkplatz des Pitztaler Gletscher-Skigebiets und stiegen das Gasthaus Steinbock rechts liegen lassend, die planierte Piste ins Grießtal hinein. Die im Jahr 2006 eigentlich illegal errichtete Notabfahrt führte uns in angenehmer Steigung, mit eine paar kurzen steileren Schnappern, zum Talschluss. Hier baute sich vor uns eine riesige Felswand auf. Wenn wir nicht wüssten, dass sich da eine Notabfahrt herunterzieht, man könnte meinen, hier wäre die Skitour zu Ende. Aber je weiter man sich dieser Felswand näherte, desto gegliederter und überwindbarer wurde sie. Immer wieder nach rechts ausweichend, in ein paar steilen Serpentinen und Kurven überwanden wir den großen Höhenunterschied auf einer perfekt bereiteten Piste. 

Ungefähr auf der Höhe der Braunschweiger Hütte ist das Gletschertor des Mittelbergferners und hinten am Horizont glitzert der Rechte Fernerkogel in der Morgensonne.

Oben angekommen, erkannten wir die weit über uns thronende Braunschweiger Hütte, die im Sommer ein schöner Stützpunkt für Hochtouren und Ausbildungen ist.

 

Die Hütte ließen wir aber links oben liegen und folgten weiter der Notabfahrt Richtung Mittelbergferner. Kurze Zeit später sahen wir schon das mächtige Gletschertor und dahinter den steil und massig aufragenden Vorbau des rechten Fernerkogels am Horizonts. Rechts daneben konnten wir die ersten Liftanlagen des Skigebiets sehen. Unbeirrt gingen wir bei einer ungefähren Höhen von 2650 Meter von der Piste nach links auf den Mittelbergferner und fanden eine schwach erkennbare, alte, aber zugewehte Spur. Auf dieser harten Unterlage ließ es sich gut gehen. Wir stiegen in angenehmer Steigung auf eine Spaltenzone, auf etwa 2900 Meter zu. Dort drehten wir nach rechts, westen ein, um nahe den östlichen Abstürzen des Rechten Fernerkogels weiter aufzusteigen. Auf gut 3000 Meter erkannten zum ersten Mal unser Ziel, den Schuchtkogel. 

Blue Hour mitten auf dem Mittelbergferner. Es gibt nichts schöneres als der Sonnenaufgang in den Bergen.

Hier auf einem Flachstück in der Sonne genehmigten wir uns das erste Mal einen Riegel und einen Schluck Cola. Hier waren auch die Temperaturen auf einen Schlag angenehmer. Anders als beim Aufstieg über die Notabfahrt, wo uns eisiger Wind entgegen peitschte.

 

Die Aussicht auf diese gewaltige Gletscherfläche ist schon beeindruckend. Wir stehen hier auf dem zweitgrößten Gletscher von Tirol und fühlen uns richtig klein. Bevor wir nach unserer kurzen Pause weitergingen, kontrollierten wir unsere Einschätzungen über die weitere Aufstiegsroute noch einmal kurz mit der Karte. 

Unser Ziel, der Schuchtkogel ist der massige Doppelgipfel rechts. Er wird über die Schneerampe in Bildmitte bestiegen.

Mit dem Ziel vor Augen, steuerten wir auf eine Rampe zu, im oberen Gletscherbecken die von links nach rechts zum Schuchtkogel hinaufzog. Erst ziemlich flach, mit nur geringem Höhengewinn, dann etwas ansteilend überwanden wir die letzten Meter hin zur kleinen Scharte vor der Schuchtkogel Südflanke, über die der Gipfelaufstieg folgen sollte. Durch die südöstliche Ausrichtung war der harte, und abgeblasene Hang schön zu gehen aber noch so fest, dass wir die Randspalte problemlos überwinden konnten. 

Ziel ist rechts der felsige Anstieg zum Schuchtkogel. Die Scharte zwischen den Felsen wird das Skidepot sein.

Am Skidepot angekommen, zog ich meine Felle von den Skiern und machte mich langsam an die letzten vierzig Höhenmeter zum Gipfel. Da die Sonne schon gut Zeit hatte, die südliche Flanke aufzutauen, fiel mir der Aufstieg nicht allzu schwer. Ohne Steigeisen eierte ich über den teilweise schneebedeckten Schotter und erreichte ich den höchsten Punkt um 11:20Uhr. Am Gipfel empfing mich neben der gewaltigen Aussicht ein kalter und schneidiger Wind. Schnell holte ich mir meine Daunenjacke heraus und konnte so die Aussicht ein wenig angenehmer genießen. Wildspitze, Brochkogel, Petersenspitze, Bliggspitze und unzählige weitere große Gipfel konnte man sehen. Den Taschachferner und die riesigen Ausmaße des Mittelbergferners ließen mich staunen. 

Augenblicke der Stille und des Staunens am Gipfel.

Da Robert durch seine Filmerei noch ein wenig auf sich warten ließ, machte ich mich daran, meine Steigeisen für den Abstieg an die Skischuhe zu befestigen. So sollte der Abstieg wesentlich angenehmer von statten gehen.

 

Als Robert am Gipfel war, stieg nach ein paar gemeinsamen Fotos zur windstillen Scharte ab. Die fünfunddreißig Minuten auf dem Gipfel ließen mich richtig frösteln. Dort in der windgeschützten Scharte wollte ich mich kurz hinsetzen, die Ausrüstung sortieren und die Sonne genießen. Ein wenig später kam Robert vom Gipfel und nach einer kurzen Brotzeit bauten wir auf Abfahrt um und starteten die gut 1800 Höhenmeter Abfahrt. 

Am Gipfel des Schuchtkogels. 3472m

Die erstem Meter waren gut zu fahren. Der abgeblasene Hang war schon schön aufgefirnt und weich. Aber weiter unten im flachen oberen Bereich zwischen 3250m und 3100 Meter war stark windbeeinflusst und somit schwer zu fahren. Harte Passagen mit Windgangeln und ein durchbrechender Harschdeckel machten uns das Skifahrerleben schwer. Mit großen, gutmütigen Kurven versuchten wir so wenig wie möglich Druck auf die Schneedecke zu bringen. Was allerdings nur bedingt gelang. 

Unglaubliche Ausmaße des Mittelbergferners.

Erst als wir bei etwa 3000 Meter unsere Abfahrtsrichtung geländebedingt nach Norden änderten staubte es. Es staubte und staubte…der Pulver hörte bis zum Gletschertor auf gut 2450 Meter nicht mehr auf. Wunderbare Hänge aber auch flachere Passagen wo man es einfach in der Aufstiegsspur laufen lassen konnte wechselten sich ab. Doch ein wenig überrascht über die guten Schneeverhältnisse ließen wir es krachen. Auf dem riesigen Gletscher fand man jede Menge Platz seine eigene Spur in den Schnee zaubern zu können. Wir ließen die planierte Piste links liegen und fuhren den Gletscher bis zum Gletschertor ab. Dort fanden wir einen Durchschlupf, um wieder auf die Notabfahrt zu kommen. Wir klatschten uns ab und absolvierten die letzten Höhenmeter auf der hervorragend hergerichteten Piste zurück zum Ausgangspunkt beim Gasthof Steinbock und dem Parkplatz hundert Meter darunter. Unten am Parkplatz angekommen, zwickten die Oberschenkel gewaltig, denn viele Pausen hatten wir uns bei den 1800 Meter Abfahrt nicht gegönnt.

Ein Mega Gletschertor. Im Vergleich sieht Robert richtig klein aus.

Fazit:

Was für eine Skihochtour! Heute bin ich immer noch begeistert! Ziel war es ohne Materialschaden eine Skitour zu machen. In den Internetforen wurde von schlimmsten Verhältnissen in den Alpen und generell in den üblichen Hochwinter-Tourenzielen berichtet.

Für uns war dann klar, dass mit diesen schwierigen Schneebedingungen nur ein Zustieg über ein Skigebiet den nötigen Spaß und Ski-Materialerhalt brachte. Mit dieser einsamen Tour, bei der wir bis auf zwei anderen Tourengehern, die vom Skigebiet auf den Taufkarkogel gingen, keinen anderen Menschen trafen, waren wir goldrichtig. Das wir dann auf dem nördlich gerichteten Flächen des Mittelbergferners über 600 Höhenmeter perfekte Pulverschnee-Verhältnisse vorfinden würden…an das hatten wir bestimmt nicht gedacht.

 

Diese Anstiegsvariante werde ich bei schwacher Schneelage noch öfter wählen, denn die Ziele gehen auf dem Mittelbergferner nicht aus. Warum sollte man nicht auch im Hochwinter Skihochtouren machen…wenn die Verhältnisse an den hohen Bergen passen, breche ich gerne mit althergebrachten Traditionen.

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