· 

FÜL Lehrgang Teil 3 Eis und kombiniertes Gelände

Fachübungsleiter Ausbildung Teil3 - Eis und kombiniertes Gelände – Franz Senn Hütte

Datum: 11.07.2015 – 19.07.2015

Teilnehmer: 11 Teilnehmer aus ganz Deutschland, 2 Bergführer

Gipfel:

Wildes Hinterbergl 3288m

Vorderer Wilder Turm 3177m

Innere Sommerwand 3122m

Wetter: Hochdrucklage, wolkenloser Himmel bei Sommerlichen Temperaturen. Nur der Montag war Vormittag regnerisch

Strecke: Oberiss Alm / Materialseilbahn - Franz Senn Hütte 2147m

 

So, endlich ist es soweit. Der Abschlusslehrgang zum Fachübungsleiter Bergsteigen Teil Eis und Kombiniertes Gelände führt mich in die Bergwelt um die Franz Senn Hütte. Ich kenne das Gelände gut, denn ich war schön öfter in der Gegend unterwegs. Dennoch fahre ich mit einem komischen Gefühl dorthin. Hier wird meine Führerqualität und meine Bergfähigkeiten im Allgemeinen geprüft und Prüfungen lösen bei mir immer Unbehagen aus. Ich traf mich mit drei anderen Teilnehmern am Pendlerparkplatz in Eschenlohe, direkt an der A93 um als Fahrgemeinschaft ins Stubaital zu fahren. Am Parkplatz bei der Oberissalm steigen wir gemeinsam zur Franz Senn Hütte auf. Die Anspannung bei uns ist förmlich zu riechen. Aber jeder versucht das Ganze zu Überspielen.

An der Hütte angekommen, sammeln wir uns in der Hütte, an einem großen Tisch und warten auf unsere beiden Ausbilder. Diese lassen aber nicht lange auf sich warten. Durch die lockere und sympathische Art der Bergführer (Jörn und Sebastian) legt sich die Anspannung unter den Teilnehmern ein wenig. Wir werden erst mal in zwei sechser Läger eingeteilt und treffen uns anschließend in Lehrzimmer im ersten Stock zu allgemeinen Begrüßung und Vorstellung. Hier wird uns der Ablauf der Woche, der Führungstouren und die Prüfungsmodalitäten im Allgemeinen erklärt. Hier bekam jeder sein Umweltthema, dass er im Laufe der Woche vorbereiten und der Gruppe vorstellen durfte. Hierzu wurden Themen wie Alpine Kulturlandschaften, Flusslandschaften, Alpine Pflanzen, Flechten und Moose, Höhenstufen im Gebirge u.a.

Am nächsten Tag war Klettersteig Ausbildungstag. Wir gingen zum Übungsklettersteig und spielten da die lehrmäßige Begehung eines Klettersteigs durch. Außerdem wurden wir in die Stopfseilmethode eingeführt. Diese Methode gibt dem Führer die Möglichkeit, das lose, im Rucksack verstaute Seil zum Sichern eines schwächeren Klettersteigteilnehmers schnell und unkompliziert auszugeben. Anschließend wurden die beiden eingerichteten Klettersteige „Höllenrachen“ und „Edelweißklettersteig“ mit dieser Stopfseilmethode begangen und geübt. Als wir wieder auf der Hütte waren, wurde uns noch vor dem Abendessen durch Gerhard Schneider, einem renommierten Umweltreferenten für Alpine Umweltthemen der aktuelle Klimabericht der Europäischen Union vorgestellt. Die anschließende, sehr interessante Diskussion wurde leider durch den Hüttenwirt abgebrochen, der das Abendessen nicht mehr weiter rausschieben konnte.

Der Montag zeichnete sich durch schlechtes, regnerisches Wetter aus und deshalb blieben wir den Vormittag in der Hütte. Nach dem Frühstück hatten wir Wetterkunde. Jörn, einer unserer Bergführer brachte uns sehr anschaulich die Themen rund ums Wetter und Klima bei. Anschließend kam nochmal Gerhard Schneider in unseren Lehrraum, wo er über Pumpspeicherkraftwerke und andere Energiegewinnungsformen in den Alpen referierte. Anschließend gingen wir mit Gerhard vor die Hütte, um kennenzulernen, was ein „Umweltpapst“ unter einer Nachhaltigen Tour versteht. Nach einem sehr interessanten Theorievormittag besserte sich das Wetter zusehends und wir konnten mit der Praxis Ausbildung weitermachen. Diverse Ausbildungsinhalte wie Lose Rolle, Spaltenbergung, Fixseil und Geländerseil wurden wiederholt ehe wir wieder vom Abendessen gestört wurden. Einige Teilnehmer nahmen sich den Höllenrachen Klettersteig bei Nacht zum Ziel. So wurde gegen 20:30Uhr kurz der Rucksack gepackt und den Alpeiner Bach folgend taleinwärts zum Einstieg des Klettersteigs gewandert. Mit den Stirnlampen ist der nicht allzu schwierige Klettersteig bei Nacht echt ein Highlight! Großartige Lichteffekte inclusive.

Am nächsten Tag war schon Dienstag. Nach dem Frühstück musste jeden Tag eine Zweiergruppe den für den Tag ausgegebenen Wetterbericht der Gruppe vorstellen. Heute war ich mit Christine dran. Das Wetter sollte gut werden und somit stand der ersten Gletschertour nichts im Wege. Am Berglasferner übten wir die die Grundtechniken am Gletscher. Steigeisen und Pickeltechnik. Diverse Auf und Ablasstechniken, wie Ablassschaukel oder Paternosterprinzip wurden geübt aber auch wie man Standplätze im Eis lehrbuchmäßig aufbaut, wurden nochmals vertieft und aufgezeigt.

Kurz vor dem Abendessen trafen wir uns noch einmal im Lehrraum, um den zweiten Teil der Wetterkunde zu erfahren. Nach dem wieder mal sehr guten Abendessen, wurde die morgige, erste Prüfungstour noch gemeinsam vorbereitet. Das Ziel hieß Wildes Hinterbergl, 3288m. Der Plan sah vor, dass wir den Gipfel über den verborgenen Bergferner und die Turmscharte besteigen sollten. Die Tour wurde gemeinsam mit den Bergführern geplant und am nächsten Tag von den Bergführern aufgeteilt, so dass jeder Kursteilnehmer einen Bereich zu führen hatte. Nach jedem Führungsteil kamen wir kurz zusammen, dann konnte jeder Teilnehmer seine Meinung über die Führung äußern. Es wurde aber darauf geachtet, dass keine Diskussion entstand. Der Sinn bestand darin, dass der Führende sofort Feedback bekam. Ich fand diese Methode echt gut.

Am Abend vor dem Abendessen setzten wir uns vor die Hütte und besprachen die Tour. Was war gut, was war schlecht, was hat uns gefallen usw. Echt eine schöne Sache! So kann man wirklich einiges für sich mitnehmen. Nach dem Abendessen trafen wir uns einzeln, nur mit den Bergführern zu einem „Mittelgespräch“. Da wir uns bereits bei der Hälfte des Kurses befanden, gaben uns die Bergführer Ausblick, wie es bei jedem Teilnehmer aussah, wo er sich noch verbessern konnte, was er bereits gut machte usw.

Am Donnerstag war der Tag der zweiten Führungstour. Das Ziel war die Innere Sommerwand 3122m, die wir dann noch am Vorabend in der Sechser Gruppe gemeinsam vorbereitet wurde. Heute wurde die Tour wieder aufgeteilt, und das Feedbackgespräch nach jedem Führungsteil war wieder sehr gut. Am späten Nachmittag hatten wir noch Erste-Hilfe-Kurs im Lehrraum. Hier wurde auf die Tourenapotheke ein besonderes Augenmerk gelegt. Auch die Rettungskette und das Verhalten bei einem Bergunfall wurden geschult.

Nach dem Abendessen wurden uns die Prüfungsthemen im Bereich „Persönliches Können“ bekannt gegeben. Es gab insgesamt zwölf Themen, wo man sich ein Thema aus einem, mit einem Geschirrtuche verdeckten Eimer ziehen konnte. Es waren folgende Themen im Eimer:

·       Einrichten einer Abseilstelle an zwei vorhandenen Fixpunkten

·       Ablassen einer verletzten Person mit HMS und Fixierung mittels Schleifknoten, Standplatz einrichten und nochmal ablassen

·       Toprope Sicherung im Klettergarten (Toprope aufbauen, Partnercheck und sicher mit HMS am Körper)

·       Einrichten vorn Standplätzen an vorgegebenen Stellen, Standplatzwechsel bei einer geführten Tour

·       Vorstiegssicherung im Klettergarten (Körpersicherung mit HMS, Partnercheck, Seilkommandos, Seilführung, Zwischensicherung und Partner ablassen

·       Einteilung und Vorbereitung von Gletscherseilschaften 2er, 3er, 5er Seilschaften

Auch die Theorie Prüfungsthemen wurden bekannt gegeben. Hier wurde in den Fächern Wetterkunde, Ausrüstungs-/Sicherungstheorie, Führungstechnik, Alpine Gefahren, Orientierung, Erste Hilfe, und Naturschutz geprüft.

Trotz der Tatsache, dass wir alle die Themen eigentlich draufhaben, stieg der Puls doch gewaltig an. Irgendwie befanden wir uns in einer Spirale, die sich ständig drehte und die Anspannung wuchs ständig. Das positive an der Sache war, dass die zwei Sechsergruppen gut zusammenwuchsen und zusammenarbeiteten. Sich gegenseitig halfen. Das fand ich sehr gut. Jeder hat ein Thema, wo er sich nicht sicher ist, wo er Hilfe brauchte oder noch einen Rat.

Freitag war Prüfungstag! Nach dem Frühstück wurden wir einzeln aufgerufen um im Hütten-Nahbereich an den diversen Übungsstationen die Prüfung im Bereich „Persönliches Können“ machen zu können. Die Aufregung im Team war durch die Decke gegangen. Ich hatte das Thema Nr. 1 (Abseilstand) und fand, dass ich meine Sache gut gemacht hatte. Nachdem jeder in seinem gelosten Thema geprüft wurde, gingen wir zum Übungsstand Spaltenbergung/Selbstrettung. Dort musste jeder Teilnehmer die Selbstrettung aus der Spalte unter Prüfungsvoraussetzungen und anschließend noch jeder, jede Position einer Dreier Seilschaft in der Spaltenbergung zeigen. Alles ziemlich anstrengend so in kompakter Form.

Am späten Nachmittag war dann die Theorieprüfung. Die mir persönlich leichter vorkam als ich gedacht hatte.

Anschließend hatten wir eine Stunde Pause, bevor man sich noch vor dem Abendessen zur Prüfungstour Bekanntgabe traf. Ziel der Tour sollte der Vordere Wilde Turm sein. Unsere Aufgabe wir sein, den Bergführer und unsere Teilnehmer sicher auf den Gipfel und wieder zurück zur Hütte zu bringen. Alles von der Planung bis zum Wegverlauf unter Berücksichtigung von Wetter, Sicherheit und Teilnehmern muss von uns kommen. Eine tolle Aufgabe, denn genau das wird in Zukunft unsere Aufgabe sein.

Unsere Planung sah vor, dass wir den Aperen Turm 2986m besteigen, den Verbindungsgrat folgen und am oberen Turmferner aussteigen. Dort den kurzen Gletscheranstieg zum Vorderen Wilden Turm gehen und dann auf den Gipfel steigen. Anschließend über den Turmferner zurück zum Talboden und zur Hütte.

Nach dem Frühstück trafen wir uns vor der Hütte. Abmarschbereit warteten wir auf unseren Gast (Bergführer). Eine eigenartige Stimmung herrschte. Keiner redete, jeder suchte sich ein Ziel in den umgebenen Bergen, auf das er hinstarrte. Als endlich unser Gast kam, merkte Sebastian sofort, dass irgendetwas nicht stimmte. Er versuchte uns mit einem kleinen Spaß zu lockern. Aber der Witz verfehlte sein Ziel. Gerry, ein Teilnehmer übernahm den ersten Teil. Von der Hütte gingen wir auf dem Wanderweg das Alpeiner Tal Richtung Talschluss. Gerry schlug ein gutes Tempo an, trotzdem redete keiner, völlig anders als bei den anderen Touren. Irgendwann, etwa auf Höhe des Höllenrachen Klettersteig, stoppte Sebastian die Sache! Er sprach uns an. Was das soll, es ist eine Prüfungstour und kein Gang zu Schafott. Er redete uns gut zu, dass wir die Sache draufhaben und wir uns keine Sorgen machen mussten. Im Wochenverlauf hätten wir bereits gezeigt, dass wir sechs das Ganze draufhaben. Jetzt müssen wir es nur noch in dieser Tour zeigen. Gerry ging weiter und zaghaft entwickelten sich die ersten leisen Gespräche, Sebastian hatte den Dampf aus der Sache gelassen. Der Druck war weg.

Nachdem Gerry seine Aufgabe gut gemacht hatte, kam ich an die Reihe. Ich musste die Gruppe ab einen markanten Felsen vor dem Gipfel des Aperen Turms auf den Gipfel und anschließend weiter über den Grat zum Gletscher führen. Ich fühlte mich eigentlich gut und denke das ich meine Aufgabe gut gemacht habe.

Nach mir kam Christine, die über den Gletscher zum Einstieg und weiter auf den Gipfel führen musste. Auch bei Ihr passte alles. Nach Ihr kam Marcus, der vom Gipfel zur Turmscharte führte. Abschließend musste Phillip von der Scharte zurück zur Hütte führen. Da wir zügig vorangekommen sind, eine gute Stunde vor unserer Planung, trafen wir uns vor der Hütte nochmal und besprachen in der Gruppe die Tour. Noch vor dem Abendessen riefen uns die Bergführer einzeln in den Lehrraum, um uns über die Prüfungsergebnisse zu informieren.

Ich hatte bestanden. Auch vier andere in meiner Gruppe hatten bestanden. Insgesamt mussten 3 Teilnehmer eine schlechte Nachricht hinnehmen. Das war ziemlich Schade, aber die Begründungen der Bergführer waren für mich nachvollziehbar.

Die anschließende Party war natürlich danach ein wenig gedämpft. Aber was solls, die drei die nicht bestanden hatten, konnten ja ihre nicht bestandenen Teile bei einem Kurs im nächsten Jahr nachholen.

 

Fazit: Die Qualität der Ausbildung, aber auch das geforderte Wissen ist enorm. Der Fachübungsleiter Bergsteigen gilt als der Allrounder unter den Alpinen Trainern. In der Ausbildung findet man Teile aus allen Alpinen Teilen des Sommerlichen Bergsports. Was man in den, bei mir, drei Wochen Ausbildung (Grundlehrgang Alpin, FÜL Lehrgang 1 Fels und FÜL Lehrgang 2 Eis und Kombiniertes Gelände) mit auf den Weg bekommt ist echt hochwertig. Man bekommt fundiertes Wissen von erfahrenen Bergführern auf die schönste Art und Weise beigebracht, in den Bergen. Danke an meine Bergführer Jörn und Sebastian und die anderen Teilnehmer.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0