Ortler über die Berglhütte und Meraner Weg
Teilnehmer: Robert, Peter
Gipfel:
Ortler 3905m
Schwierigkeit: 45° und Stellen UIAA III im Fels - 2500hm - 17km
Ausrüstung: Hochtouren- Gletscherausrüstung, Helm, Absteilgerät, 50m Seil
Wetter: perfekter Tag, Sonnenschein von früh bis spät.
Bedingungen: Trockener Fels, Leichte Neuschneeauflage auf dem Gletscher, Abstieg Normalweg: Spaltenbrücken noch einigermaßen zu. Mit einigen Spaltenhüpfern ohne Problem machbar. Eine Aluleiter war eingebaut.
Strecke: Hl. Drei Brunnen Parkplatz 1605m - Berglhütte 2188m - Weg Nr.18 - Pleisshorngrat - Oberer Ortlerferner 3400m - Gipfel Ortler 3905m - Abstieg Normalweg - Lombardi Biwak 3233m - Tschierfeckwandl 3150m - Payer Hütte 3023m - Berglhütte 2188m - Hl. Drei Brunnen Parkplatz 1605m
Eine kleine Übersicht der Runde, ohne jeglichen Maßstab!
Auf zum Traumberg der Ostalpen...
Der Ortler stand schon lange auf meiner Langen To-Do Liste. Deshalb freute ich mich, als ich zu meinem Geburtstag von Robert diese Tour geschenkt bekommen habe. Ich wollte den Ortler aber nicht über den Normalweg besteigen, sondern über eine selten und weitgehend unbekannte Route besteigen. Den Pleishorngrat. Diese alte, faszinierende Route über den Westgrat mit Aufstieg von Trafoi und via Berglhütte, wurde 2004 saniert und durch Anbringung von Drahtseilen in den Schlüsselstellen entschärft. Die Tour bleibt aber trotzdem recht anspruchsvoll und ist nur für den erfahrenen, konditionsstarken Bergsteiger zu empfehlen. Zu Robert gesellte sich noch Peter, ein langjähriger Bergfreund den ich sehr schätze.
Zu dritt fuhren wir also am Samstag über den Reschenpass ins schöne Vinschgau auf die Stilfserjochstraße nach Trafoi auf 1564m und weiter zu den Hl. Drei Brunnen auf 1605m. Dort parkten wir und machten uns auf den Zustieg zur Hütte. Vom Parkplatz auf 1600m erreichen wir nach Überquerung der Brücke die zauberhafte Wallfahrtsstätte der Hl. Drei Brunnen. Gleich hinter der Kapelle führt der gut angelegte, steile Steig durch den Wald hoch zur Berglhütte auf 2188m. Es ist heiß und somit tropft uns schon nach kurzer Zeit der Schweiß von der Stirn.
An der Hütte angekommen, empfang und der Hüttenwirt freundlich. Er war gerade beim Holzhacken und so konnten wir uns in der urigen Hütte selbst bedienen. Gerne nahmen wir das Angebot an.
Der Hüttenwirt war erst vor kurzem auf die Hütte gekommen und wollte ein neues Hüttenkonzept durchsetzen. Er hatte vor, dass nichts einen festen Preis hatte. Jeder Hüttenbesucher bzw. Bergsteiger sollte das zahlen, was es ihm wert ist.
Peter und Robert vor der Berglhütte.
Ich finde ein tolles Konzept und hoffe, dass er damit den Erfolg hat, den er sich vorstellt. Da es auf der Hütte nur begrenzt Strom gab, der zum Kochen benötigt wurde, stellen wir uns Kerzen auf den Tisch. Im Kerzenlicht essen wir unser Abendessen und genossen den Vinschgauer Wein. Neben uns auf der Hütte, waren nur zwei Italiener, die die gleiche Tour machen wollten. Da wir für unser morgiges Projekt recht früh aufbrechen wollten ging es bald in die Schlafsäcke.
Am frühen Morgen hatten wir ein kurzes und spartanisches Frühstück. Robert ging es heute schlecht, er wollte nicht mit und blieb deshalb auf der Hütte. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Eigentlich wollte ich mit den beiden am Gipfel stehen...
Nur zu zweit weiter Richtung Ortler...
Also stiegen Peter und ich im dunkeln von der Hütte östlich dem Steig Nr.18 folgend circa zehn Minuten bis zur Abzweigung "Meranerweg" aufwärts. Der Abzweig ist mit zwei kleinen Steinmännchen markiert. Wir steigen zunächst in Serpentinen über einen schattigen Hang hoch und steigen dann unterhalb einer Felswand nach rechts (südwestlich) in Richtung Grat auf. Das Gelände ist hier nicht besonders anspruchsvoll und man steigt hier meistens noch im Finstern auf. Vorsicht ist wegen eventuell Steinschlag geboten, der meist von vorgehenden Bergsteigern verursacht wird. Wir finden immer wieder Steigspuren beziehungsweise Markierungen an den Felsen. Dennoch ist die Wegfindung in der Nacht nicht leicht.
Nach Überquerung einer etwas ausgesetzten Passage am Grat auf der NO-Seite (links) kommen wir bald zur ersten gesicherten Stelle (Drahtseil). Kurz davor sagte Peter zu mir, dass er sich heute nicht wohl beim Klettern fühlte und er wolle umdrehen. Auch meine Versuche, ihn doch noch zum Weitergehen zu animieren misslangen.
Kurz unter dem Pleisshorn , rechts dahinter schaut der Obere Ortlerferner herunter.
Alleine weiter?
So, was soll ich jetzt machen. Alleine kann ich wegen dem später zu überschreitenden Gletscher nicht weiter.
Nach kurzem Überlegen entschloss ich ich mich, dass ich die beiden Italiener fragen könnte, die uns vorher überholt hatten. Vielleicht kann ich mit denen mitgehen. Gesagt getan. Ich verabschiedete mich von Peter und verfolgte die beiden Italiener.
Impressionen vom Aufstieg über den Pleisshorngrat
Über ein paar recht unangenehme, ungesicherte Passagen, die stellenweise etwas Vorsicht verlangten, erhöhte mein Tempo und nach kurzer Zeit hatte ich die beiden Italiener eingeholt. Ich schilderte Ihnen mein Problem und sie nahmen mich, ohne große Diskussion in Ihre Seilschaft auf. Was für ein Glück! Was bin ich froh...
Gemeinsam stiegen wir weiter. Dabei wechselten wir vom Grat auf die Westseite, wo ein sanfter breiter Hang in Richtung des bereits erkennbaren Pleisshorn hochzieht und von dort wir einen tollen Ausblick hatten. Vom Stilfserjoch zur Trafoier Eiswand und Thurwieser Spitze bis zum Ortlerpass können wir die gewaltige Aussicht genießen.
Trafoier Eiswand, Thurwieser Spitze und ganz rechts das Skigebiet des Stilfser Jochs.
Zum großen Finale auf den Gipfel...
An einem markanten Felsen am Pleisshorn, erinnert eine Marmor Gedenktafel an die Entstehung der Route. Gleich links davon finden wir den letzten neu gesicherten Abschnitt, der uns über eine sonst recht heikle Flanke hinauf führt. Am Grat weiter hinaufsteigend kommen wir zu einer Schlüsselstelle, eine Verengung, wo wir nach einem kurzen Abstieg über eine Leiter und eine kurze, sehr ausgesetzte Passage mit Drahtseilen hoch müssen. Danach folgt ein offener, breiter Moränenhang, der uns erstmals den Blick zum Gletscher frei gibt.
Auf dem oberen Ortler Ferner.
Wir steigen problemlos über steiniges Gelände hinauf bis am Fuße des Oberen Ortlerferners (ca. 3400m) wo wir die Steigeisen anziehen. Ein kleine Pause ist auch drin. Ich genieße die Landschaft um mich und die Tatsache, dass ich nur durch meine beiden italienischen Freunde hier sein kann.
Die vor uns liegende Steilstufe (40-45°) ist mit einer dünnen Schicht Firn belegt und somit können wir problemlos ohne Sicherung aufsteigen. Der Gletscher ist gut zu gehen, wir sinken kaum ein kommen deshalb recht gut voran. Es folgt ein recht fein gestuftes Gletschergelände.
Zunächst steigen wir rechts ganz nahe am Grat, später dann nach links über eine letzte etwas steilere Stufe, erreichen das obere Ortler Plateau und kommen auf den Normalweg von der Payerhütte heraufführt. Wir folgen dem Normalweg, der hier am Gletscher in einer breiten Spur, in angenehmer Steigung hinauf zum Gipfel mit dem großen Kreuz führt. Ich genieße die letzten Meter. Vieles schießt mir durch den Kopf. Meine Frau, meine Neugeborene Tochter, Peter, Robert... Endlich bin ich oben, auf dem Ortler! Ich umarme das Kreuz und jubele innerlich! Lange hatte ich diesen majestätischen Berg schon im Visier. Jetzt ist es endlich so weit!
Leider nicht so wie eigentlich geplant mit meinen Freunden. Ich dankte den beiden Italienern und wir gaben uns die Hände. Ich genoss die Aussicht und die unglaubliche Fernsicht.
Die Königsspitze, auf der ich ein paar Monate zuvor mit Ski war, der Monte Zebru, wo wir kurz unterhalb des Gipfels umkehren mussten... den Monte Cevedale und Zufallspitze und all die anderen Gipfelchen um Umkreis. Puh, so viele Erinnerungen! Nach ein paar Fotos machten wir den Gipfel für die unzähligen Bergsteiger, die vom Normalweg und vom Hintergrad heraufkommen, frei.
Kletterer am Hintergrat kurz unterhalb des Gipfels.
Über den Normalweg zur Payerhütte...
Bezüglich des Abstiegs hatten wir drei den gleichen Plan. Wir wollten über den Normalweg via Lombardi Biwak 3233m und Payerhütte 3029m absteigen. Dieser ist leichter und mit der Spur schneller zu bewältigen als der Pleishorngrat zurück, was aber generell gesehen auch machbar wäre.
Peter und Robert schrieben mir über Whats App, dass Sie auf der Payerhütte auf mich warten würden. Es war echt schön, von den beiden zu hören und zu wissen, dass es Ihnen gut geht.
Wir schnappten uns unser Seil, und gingen in einer ausgetretenen Spur den Gletscher runter. Wir wollen nicht zu viel Zeit verlieren – denn wir wissen, dass uns noch ein größerer Stau bevorsteht. als der am Fernpass...
Links die Zufallspitze und Monte Cevedale. In Bildmitte die grandiose Königsspitze und im Vordergrund der Monte Zebru.
Der Gletscher bereitet uns keine Probleme, die Spaltenbrücken halten und die Spur ist von den vielen Bergführer Seilschaften gut ausgetreten. Deshalb kamen wir gut bergab. Erst kurz vor Gletscherende war eine kleine Aluleiter zum Überqueren einer Spalte installiert.
Am Tschierfeckwandl 3150m gab es einen ordentlichen Stau. Wir verloren bestimmt eine dreiviertel Stunde und standen uns die Beine in den Bauch. Die Seilschaften müssen dort einzeln abseilen und je nach Gewandtheit benötigen sie hierfür sehr viel Zeit.
Impressionen vom Abstieg über den Normalweg
Die Wartezeit nutzten wir um uns vorzubereiten. Wir wollten effektiv und schnell sein, dass ja dann auch gut geklappt. Wir schließen uns mit einer Bergführer Seilschaft zusammen, indem wir dem vor uns abseilenden Bergführer unser Seil mitgeben. Wir können dafür Ihr Seil nutzen, dass wir wiederum nach unserem Abseilvorgang wieder zurückbringen. Effektiv und schnell! Toll, dass „meine beiden Italiener“ mit dem Italienischen Bergführer gut kommunizieren können. Auch nach dieser letzten Steilstufe folgen wir weiter den Weg zur Payerhütte. Aber wir müssen uns weiterhin ordentlich konzentrieren, denn auch wenn die Hauptschwierigkeiten hinter uns liegen, gibt es ausreichend Stellen, an denen Ausrutscher fatal wären.
Aber irgendwann ist die Payerhütte dann doch erreicht und ich treffe Robert und Peter wieder. Die beiden sitzen gerade gemütlich auf der Sonnenterrasse und genießen das eine oder schon andere Bierchen.
Spalten am Normalweg Abstieg
Ich verabschiede mich von meinen beiden italienischen Begleitern und wir machen uns an den Abstieg zur Berglhütte. Von der Berglhütte und einem kurzen Getränk geht’s dann wieder zum Parkplatz nach Hl. Drei Brunnen.
Fazit: Eine gewaltige Unternehmung diese Ortler Überschreitung. Dieser Pleishorngrat ist eine tolle Alternative und bestimmt nicht so überlaufen wir der Normalweg beziehungsweise der Hintergrat. Es bedarf einer guten Kondition und gewissen bergsteigerischen Kenntnissen im brüchigem Fels. Die Schwierigkeit überschreitet nicht den dritten Grat (UIAA III) Alles was schwieriger ist, wurde bei der Sanierung 2004 mit Seilen oder Leitern entschärft.
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