Was hatte ich im Februar 2020 noch Pläne, als ich zu meiner ersten Skitour im Jahr 2020 zum Kleinen Gilfert aufgebrochen bin. Große Projekte und Skihochtouren von Rang und Namen, die bei normalen Lebensumständen, alle im Bereich des Möglichen waren. Besonders die Skihochtourenwoche in der Dauphine, wo wir zur geplanten Zeit bestes Wetter und optimale Verhältnisse vorgefunden hätten, daran hatte ich richtig zu knabbern. Es macht mich traurig, dass ein so kleines Virus die uns bekannte Welt völlig aus den Angeln gehoben hat.
Kurz vor Söders ersten Lockdown konnte ich doch noch eine mir ungeliebte Lift Skihochtour auf den Hohen Riffler machen. Die Abfahrt ins Bodenkar war genial und ist bei guten Pulververhältnissen, wie wir sie hatten ein Traum. Der darauffolgende April fiel komplett der Ausgangssperre zum Opfer. Teilweise bestes Wetter und toller Schnee machte es einem richtig hart, positiv zu bleiben. Erst Mitte Mai konnten wir wieder langsam ins Bergleben starten.
Beim Aufstieg zum Hohen Riffler
So rückten die bayerischen Ziele, an die man sonst auf dem Weg nach Österreich, Italien und der Schweiz links oder rechts liegen ließ in den Fokus. Man stapelte kleiner, aber ich konnte dennoch einige schöne Bergfahrten unternehmen.
Mit der Lattengebirgsüberschreitung von West nach Ost, also von B21 zur B20 am 17. Mai hatte ich ein erstes Ziel der sonst unbeachteten Projekte gefunden. Auch wollte ich das für mich erste Mal mit Peter das Hagengebirge erkunden. Hier hatten wir eine aufziehende Kaltfront ein wenig unterschätzt. Wir hatten zwar im Schneegestöber unser eigentlich geplantes Ziel der Kleinen Berchtesgadener Reibn nicht umsetzen können, aber mit dem Jenner und dem Schneibstein eine im Kopf bleibende Tour gemacht.
Ist denn schon wieder Winter? Am Gipfel des Schneibstein war für uns Schluss.
Als ich mich dann Ende Juni mit Helmut und Franz zur Arnspitzen Überschreitung aufmachte, war die Pandemie für den Sommer ein wenig bei Seite geschoben. Durch die jahreszeitliche Erwärmung gingen die Fallzahlen zurück und wir Bergsteiger hatten unsere Freiheit wieder.
Einige Zacken der Arnspitz Überschreitung
Bei meiner Solotour über den Nuarracher Höhenweg in den Loferer Steinbergen genoss ich Österreich wieder in vollen Zügen. Auf einer technisch einfachen aber konditionell fordernden Tour konnte ich gewaltigen Augenblicke und Fernblicke im Kopf abspeichern.
Gewaltige Wolkenstimmung beim Aufstieg zum Ulrichshörndl, dem ersten Gipfel des Nuarracher Höhenwegs
Eine Woche später in der Ankogelgruppe hatten wir Pech mit dem Wetter, denn das prognostizierte kleine Schönwetterfenster löste sich in Nichts auf und wir standen im tiefsten Winter, als wir an der Bergstation der Ankogelbahn ausstiegen. Um wenigstens nicht ohne Gipfel heimfahren zu müssen, kämpften wir uns auf die Grauleitenspitze hinauf. Völlig durchnässt und frierend kamen wir unten auf dem Parkplatz wieder an und hatten ein Erlebnis mehr.
Ende Juli wäre das eigentliche Hochtourenziel geplant gewesen. Ich wollte mit Freunden die berühmte Spaghetti Tour in den Walliser Alpen machen. Da die Hüttenübernachtungen meinen Mitfahrern in der Pandemie zu heiß waren, müsste wir dieses Projekt auf 2021 verschieben. Nur blöd, dass ich drei Wochen zuvor Straubinger Freunde, die einen Seilpartner für die gleiche Tour gesucht hatten, abgesagt hatte, weil ich ja eh die gleiche Tour vorhätte. Ach ja, so einiges lief 2020 nicht rund und somit konnte auch die Single-Push-Besteigung des Bishorn in den Walliser Alpen über den Normalweg den Karren nicht mehr aus dem Dreck ziehen. Eine wunderbare Tour, mit einer gewaltigen Aussicht auf meinen Traumberg, dem Weißhorn.
Das wunderschöne Weißhorn vom Gipfel des Bishorn
Ich freute mich, dass ich meinen Gletscherkurs durchführen konnte. Wunderbare Tage verbrachten wir auf der Breslauer Hütte in den Ötztaler Alpen. Die Wildspitzbesteigung mit den Kursteilnehmern war eine großartige Sache.
Anfang September fuhr ich mit Robert ins Tote Gebirge. Ziel war es den höchsten Berg des Toten Gebirges, den Großen Priel zu besteigen. Bis auf ein paar kleinere Skitouren war dies mein erster Kontakt mit der kargen Steinwüste im Osten Österreichs. Die knapp 2000 Höhenmeter hatten wir in persönlicher Rekordzeit hinter uns gebracht, was für mich den Abstieg und Rückweg zum Schiederweiher-Parkplatz zu einer kleinen Strapaze machte.
Der magische Schiederweiher am Beginn des Aufstiegs zum Großen Priel
Die beiden Herbsttouren mit Peter auf die Hohe Riffl in der Glocknergruppe und die Geierköpfe Überschreitung in den Ammergauer Alpen hatte ich schon länger auf meiner Liste. Es freute mich, dass wieder beide Male Topp Verhältnisse hatten. Sozusagen als kleinen Ausgleich für das Schneegestöber auf dem Schneibstein im Frühjahr.
Geierköpfe Überschreitung
Mitte November, wieder im Lockdown mit Ausreiseverbot, konnten Robert und ich noch einen Bayerischen Wander-Klassiker mit erste Sahne Aussicht machen. Die Heimgarten-Herzogstand Überschreitung ist im Sommer wegen dem starken Andrang aus München nicht zu empfehlen. Wir hatten die Überschreitung an einem warmen Novembertag richtig gut erwischt. Nur wenige Menschen trafen wir bei der Überschreitung, was uns dann aber bei der Rückkehr zum Walchensee Parkplatz völlig überforderte. Menschenmassen trotz und wegen Corona. Echt unglaublich!
Das felsige Gratstück zwischen Heimgarten und Herzogstand
Nicht nur unsere Politiker hüpften fröhlich von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen auf der Suche nach dem nächsten politischen Bock, sondern auch die Menschen im Allgemeinen schossen einen Bock nach den anderen. Wie wenn es in Bayern / Deutschland nur die Skipisten in und um Garmisch oder am Spitzingsee geben würde, strömten die Erholungssuchenden Tourengeher, Schlittenfahrer und Schneeschuhdatscher auf die geschlossen Schipisten und hielten wahre Volksfeste ab. Ungläubig sah ich in den sozialen Medien Karawanen von Menschen, zum Teil bei widrigsten Verhältnissen die Pisten mit Tourenski hinaufsteigen. Das war also der freidenkende, intelligente Mensch, der bei einer weltweiten Pandemie, wo es um Abstand und Rücksicht auf den anderen geht, zum Herdentier wird. Zuhause schimpft man über die Menschen und oder Nachbarn, die keinen Abstand halten oder Corona Partys feiern, aber sobald man in den Bergen ist, ist alles vergessen.
Deshalb freute ich mich, dass ich mit Peter den Hochstaufen am 29.12.2020 quasi für uns hatte. Unser Ziel war es, eine einsame Tour zu finden und das hatten wir geschafft. Über die Steinernen Jäger konnten wir den markanten Berg eine Winterbesteigung abringen. Teilweise tiefer Schnee machte uns den Aufstieg nicht unbedingt leichter, aber beide genossen wir die Tour. Beim Abstieg fanden wir zufällig einen der „geheimen Wege“ des Hochstaufens, den Goldtropfsteig, wo wir an der Goldtropfwand eine wunderbare Aussicht genießen konnten.
der magische Blick von der Goldtropfwand
Fazit zum Jahr 2020
Was war das nur für ein Jahr. Tourenabsagen und Tourenverschiebungen, begleitet von diversen Lockdowns und Ausgangssperren. Fragliche politische Entscheidungen und nach Erholung gierende Menschen, die den Herdentrieb ohne das berühmte „Hirn einschalten“ folgen, die auch unseren Politikern in München und Berlin in nichts nachstehen. Rein nach der These, die mir ein Bekannter mal erzählt hat: „Es hat schon immer Dumme gegeben, das Problem ist nur, es werden immer mehr!“
Tourenmäßig war es für mich, unter den widrigen Umständen eines Corona Jahres ein zufriedenstellendes. Zwar habe ich viele Projekte und Ziele absagen, umbauen oder verschieben müssen, habe aber in Summe doch einige schöne Touren und Momente in den Bergen verbringen können. Vielen Dank hier an meine Tourenpartner und meine Familie.
Was bleibt ist die Hoffnung auf Besserung in jeglicher Hinsicht, denn die Liste der Wunschtouren ist in der Corona Zeit nicht kleiner geworden. Ich freue mich auf kommende Ziele im Jahr 2021.
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