Teilnehmer: Robert
Gipfel:
Blaueisspitze 2481m
Skitour von Ramsau, Parkplatz Seeklause via Blaueishütte
Schwierigkeit: ST III+ – B/C - 45Grad Skigelände, im Bereich der Randkluft deutlich steiler – 1800hm – 07:45h
Lawinenlage: letzte Bewertung vom 22.04.2021 – bei der letzten Bewertung 2
Ausrüstung: normale Skitourenausrüstung, Pickel, Harscheisen, Steigeisen, evtl. zweiter Pickel, Gurt, Helm und Klettersteigset je nach Verhältnisse
Strecke: Parkplatz Seeklause 800m – Sommerweg Blaueishütte – Schärtenalm 1359m – Schneegrenze 1370m – Blaueishütte 1651m – Blaueisgletscher – Skidepot - Blaueisscharte 2430m – Blaueisspitze 2481m – Blaueisscharte 2430m – Skidepot - Blaueisgletscher - Blaueishütte 1651m – Schneegrenze 1370m – Schärtenalm 1359m - Parkplatz Seeklause 800m
Wetter: gutes Wetter, zeitweise stark bewölkt, frühlingshafte Temperaturen
Bedingungen:
Aufstieg: durchgehende Schneedecke ab ca. 1370m im Aufstieg, Guter Schnee, ohne Harscheisen aufgestiegen, Sonnenbeeinflusster Schnee im Mittelteil, Das neu eingerichtete Stahlseil im Aufstieg zur Blaueisscharte war nur teilweise aus dem Schnee, lockerer Trittschnee.
Abfahrt: Oberer Teil gut fahrbarer leicht gedeckelter Pulverschnee mit einigen Lawinenstriche, Mittelteil bester Bruchharsch und im unten sonnenbeschienen Teil genialer Firn
Dieser Blaueisgletscher, ist fast schon einzigartig in Bayern, seit unzähligen Jahren trotz er den steigenden Temperaturen auf unserer Erde. Im dunklen ganz oberen Blaueiskar verliert aber auch er in den letzten Jahren ziemlich schnell an Masse. Im letzten Jahr musste dann sogar in den vom Eis frei gewordenen Fels ein Stahlseil installiert werden, um den Aufstieg in die Blaueisscharte weiterhin zu ermöglichen.
Bisher hatte ich noch nie die Möglichkeit über den Blaueisgletscher auf einen Gipfel aufzusteigen. Einzig einmal musste ich im Rahmen meiner Fachübungsleiter Ausbildung von der Blaueisscharte auf den Gletscher abseilen, nachdem wir den Blaueisspitze Nordgrat geklettert sind.
Also warum nicht die Söder-Ausreise-Beschränkungszeit in Bayern nutzen und als krönende, letzte Skitour der Saison 2021 übers Blaueis auf den Hochkalter oder die Blaueisspitze aufsteigen. Gesagt, getan. Ich fuhr mit Robert nach Bad Reichenhall, um dort in Roberts Wohnung zu übernachten. Dies ermöglicht uns einen zeitigen Start, denn die starke Aprilsonne hatte kein Erbarmen mit dem restlichen Schnee.
Sonnenaufgang in der Nähe der Schärtenalm mit Kneifelspitze und Untersberg im Hintergrund
Wir starteten um kurz nach halb sechs vom Parkplatz Seeklause, unsere Ski geschultert mit der Hoffnung auf eine kurze Tragezeit. Wir rechneten mit 200-300 Höhenmeter tragen, da wir doch ein Bild auf einer Tourenseite im Internet sahen, das noch vor zwei Tagen ein halber Meter Schnee auf dem Dach der Schärtenalm zeigte. Doch wir mussten dann doch bis kurz nach der Schärtenalm auf dem steilen Wanderweg gehen, bis wir den Schneeresten trauten und endlich die Ski unter die Fußsohlen schnallen durften. In Summe 570 schweißtreibende Höhenmeter.
Wir kamen nun auf Ski recht gut voran und erreichten bald darauf, nachdem wir eine Holzbrücke überquert hatten, einen lichten Nadelwald. Hier konnten wir ohne Harscheisen relativ gut aufsteigen. Der Wald ging langsam in einen freien, mit vereinzelten Latschenkiefern bewachsenen Hang über, von dem wir auch schon die ersten Blicke auf die Blaueishütte auf 1651 Meter und den Hochkalter erhaschen konnten. Ich war schon lange nicht mehr im Blaueiskar, das letzte mal im Jahr 2013, als ich für Mitglieder des Straubinger Alpenvereins eine Hochkaltertour leitete.
Das Wetter war zwar nicht schlecht, aber dennoch schlechter als vorhergesagt. Wir ahnten schon schlimmes, denn wenn die Sonne den Schnee nicht auffirnt, werden, wir im Bruchharsch eingehen. Aber wir wollten positiv bleiben und freuten uns auf die freien Hänge im Blaueiskar.
Die Aussicht von der Blaueishütte, das Ziel fest im Blick.
Wir gingen an der geschlossenen Blaueishütte vorbei und stiegen mehr oder weniger dem Sommerweg folgend, ins Kar hinein. Durch die gewaltigen Aussichten auf Schärtenspitze, Blaueisspitze und Hochkalter verging Zeit wie im Flug und wir erreichten die Steilstufen, über die wir ins hintere Blaueiskar auf den Gletscher kamen. Leider wurde durch Fußgänger die Skispur so zertrampelt, dass es für mich leichter war, eine neue Spur anzulegen.
Auf dem Gletscher angekommen, spurte ich kurzerhand selbst und hatten bald darauf die Schlüsselstelle, die Randkluft vor uns. Im steilen bis sehr steilen Gelände machte ich die letzten Spitzkehren bis wir unser Skidepot erreichten. Dort bauten wir uns die Steigeisen unter die Füße und gingen die Schlüsselstelle, die Randkluft und den darüber befindenden Fels an.
Am Skidepot
Über einen etwa 60 Grad steilen Schneehang erreichten wir nach etwa 20 Metern das neu eingerichtete Stahlseil, über das wir relativ unproblematisch aufsteigen konnten. Da das Stahlseil nur teilweise aus dem Schnee schaute, mussten wir richtig gut aufpassen. Oben angekommen erwartete uns eine gewaltige Aussicht mit den beiden Gipfelmöglichkeiten. Rechts könnten wir eindrücklich steil zum Hochkalter aufsteigen und nach links geht es über einen sanften Wächtengrat zur Blaueisspitze hinüber. Das Wetter hatte sich nicht gebessert, wenn wir nach Norden ins Flachland schauten war blauer Himmel zu sehen, Richtung Süden und bei uns hingegen riesige Wolkenfelder, die die Sonne immer wieder länger verdeckten. Keine guten Voraussetzungen für aufgefirnte Verhältnisse bei der Abfahrt.
Wir entschieden uns aber erst die Blaueisspitze zu machen. Über einen leichten Schneegrat erreichten wir nach einem etwa zehn minütigen querenden Aufstieg den höchsten Punkt mit dem kleinen rostigen Gipfelkreuz. Hier hatten wir eine gewaltige Aussicht. König Watzmann in seiner voller Pracht, der Hohe Göll, das Steinerne Meer und natürlich der Hochkalter mit seiner beeindruckenden Nordostflanke waren alle gefühlt in greifbarer Nähe.
Der Aufstieg zum Blaueisspitze von der Blaueisscharte
Wir gingen zurück zur Blaueisscharte und machten erst mal Pause. Hier beratschlagten wir was wir machen wollen. Hochkalter oder Absteigen…
Mich beeindruckte diese Nordostwand schon sehr, wäre auch gerne über diese Rinne auf den Hochkalter gestiegen, aber meine Ausrüstung war für die heutigen Verhältnisse nicht passend. Da wir unsere Ski außerdem noch im Skidepot unten hatten, müsste ich die bis zu 50 Grad steile Rinne mit nur einem Pickel auch wieder absteigen und das war mir bei dem pulverigen Schnee zu heikel. Da Robert Hüftschmerzen hatte, die ihn im Aufstieg schon sehr behinderten, und ich ihn nicht unnötig warten lassen wollte, ließen wir es mit der Blaueisspitze gut sein und begannen uns für den Abstieg vorzubereiten.
Die Nordostrinne des Hochkalters von der Blaueisspitze Gipfel
Die ersten 15 Meter zum Stahlseil hinunter waren relativ einfach. Am Stahlseil angekommen drehe ich mich mit dem Rücken zum Tal und beginne Trittstufen suchend mit dem Abstieg. Mit dem Pickel in der linken Hand und zeitweise das Stahlseil in der rechten Hand ging es Schritt für Schritt dem Skidepot näher. Auch die letzten Meter, nachdem das Stahlseil aus war, hinab über den 60 Grad steilen Schneehang hinunter fordern noch einmal höchste Konzentration.
Am Skidepot angekommen treffe ich drei Kollegen vom Straubinger Alpenverein, die sich gerade für den Aufstieg am Skidepot fertig machten. Nach einem kurzen Gespräch und ein wenig blödeln gingen die drei nach oben und wir bereiteten uns für die Abfahrt vor. In dem 45 Grad Gelände war es gar nicht so leicht die Ski unter die Füße zu bekommen.
Robert in der Schlüsselstelle der Randkluft
Endlich fertig, fuhren wir die ersten Meter hinab. Überrascht von den guten Verhältnisse im oberen Kar, konnten wir es gut laufen lassen. Über den leicht gedeckelten Pulver verloren wir rasch an Höhe. Erst als wir im Mittelteil, nach der ersten Steilstufe, in flacheres Gelände kamen, erwartete uns bester Bruchharsch. Hier konnten wir teilweise nur querend den Hang abfahren. Es war eine richtige Quälerei, bei der der eine oder andere Fluch über unsere Lippen kam.
Im Sonnenbeschienenen, unterem Teil hielt plötzlich der Deckel und das erhöhte natürlich sofort den Abfahrts- genuss. Im besten Firn gleiteten wir Richtung Blaueishütte und sofort waren alle vorherigen Beschimpfungen und Verwünschungen vergessen. Unterhalb der Hütte hielten wir uns orografisch gesehen im linken beziehungsweise mittlere Bereich des Kars. Denn hier konnten wir gemütlich zwischen den locker stehenden Latschen hindurch gleiten, ehe wir kurz vor der Schärtenalm, bei der Holzbrücke unsere Abfahrt stoppten. Hier machten wir kurz Pause und gingen dann über den Wanderweg mit den Ski auf dem Rucksack zurück zum Parkplatz.
Die wunderbaren Skihänge vom Skidepot aus gesehen.
Fazit: Ich denke, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte, nicht auf den Hochkalter zu steigen, denn trotz der guten Spur war die steile Nord-Ostrinne sicherlich nur im Aufstieg ein Genuss. Beim Abwärts klettern machte der lockere Schnee bestimmt keinen Spaß und zudem wäre hier ein zweites Eisgerät fürs Sicherheitsgefühl von Vorteil gewesen. Einen kleinen Vorgeschmack bekam ich beim Abstieg von der Scharte zum Skidepot, der heute auch schon abenteuerlich war. Zudem hatten wir mit der Blaueisspitze eine wunderbare Alternative. Alles in allem eine sehr schöne, sehr anspruchsvolle Tour, die sich vor den anderen Hochkarätern im bayerischen Raum nicht zu scheuen braucht.
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