Auf den heimlichen König der Berchtesgadener Alpen
Datum: 12.07.2021
Teilnehmer: Helmut
Gipfel:
Rotpalfen 2367m
Kleinkalter 2513m
Hochkalter 2607m
Wetter: bestes Wetter, Wolkenloser Himmel, Oben leicht kühle Brise, Im Tal 29 Grad
Schwierigkeiten: 23,40km – 1925hm
Bedingungen: Trockener Fels, Altschneefelder gutmütig bzw. zu umgehen
Strecke: Wanderparkplatz Seeklause am Hintersee, 795m – AV Weg 482 – Schärtenalm 1355m – Blaueishütte 1651m – Schöner Fleck 2015m – Rotpalfen 2367m – Kleinkalter 2513m – Hochkalter 2607m – Ofental – Ofentalscharte – Klausbachtal – Wanderparkplatz Seeklause am Hintersee 795m
Ausrüstung: Trailrunning Ausrüstung, ggf. Helm
Eine kleine Übersicht unserer Runde, ohne jeglichen Maßstab.
Für mich ist eine Tour auf den Hochkalter immer ein Highlight! Ich mag diesen von vielen als groben Klotz beschriebenen, mächtigen Gipfel. Von keiner Seite ist dieser Berg wirklich leicht zu besteigen. Egal ob vom oben sehr brüchigem Ofental, über den „schönen Fleck“, der Blaueisumrahmung als ausgewachsene Kletterklassiker-Tour oder über den Blaueisgletscher als einzige, wirklich ernst zu nehmende Hochtour Bayerns.
Am Sonntagabend fragte mich Helmut bei einem Spontanbesuch, ob ich mit zum Hochkalter kommen mag. Er will den Hochkalter via „Schöner Fleck“ und Ofental überschreiten und ich könnte ja eine Genusstour draus machen. Ich überlegte nicht lange, und sagte spontan zu. Schon lange war ich nicht mehr auf „meinem“ Hochkalter, zuletzt im Jahr 2013 mit einer Gruppe vom Straubinger Alpenverein und ich freute mich riesig, diese gut 2000 Höhenmeter leichte Kletterei anzugehen.
Gewaltige Aussicht während des Aufstiegs auf den Hintersee und die Reiteralpe im Hintergrund.
Wir fuhren mit dem Bus von Helmut am gleichen Abend noch in die Ramsau und parkten am Parkplatz Seeklause. Hier genossen wir noch ein kühles Bierchen ehe wir in die Sitzflächen in die Waagrechte brachten.
Am nächsten Morgen, pünktlich um sechs Uhr starteten wir mit leichtem Gepäck. Über den steilen Weg 482 zur Blaueishütte hinauf fiel es mir diesmal erheblich leichter als vor ein paar Monaten mit Ski auf dem Rücken bei meiner Skitour zur Blaueisspitze. Wie im Flug verging die Zeit und schon bald erreichten wir die Schärtenalm, wo die Wirtin freundlich aus Ihrem Häuschen grüßte. Verlockend stand ein frisch gedeckter Frühstückstisch auf der kleinen Terrasse bereit, aber wir konnten der Versuchung widerstehen und gingen weiter.
Die Schärtenalm mit dem liebevoll gedeckten Frühstücktisch...
Hinter der Schärtenalm kam nach kurzer Zeit die Talstation der Materialseilbahn in Sicht, wo wir kurz zuvor auf einen steilen Steig nach links abbogen. Über steile Stufen und Kehren steigen wir die letzten Höhenmeter zur Blaueishütte auf. Bei der Hütte angekommen, gehen wir Corona bedingt nicht an der Hütte vorbei, sondern über eine Umleitung im großen Bogen weiter am Winterhaus vorbei in Richtung Blaueis Gletscher hinauf. Bei einem Schilderbaum zweigt unser heutiger Weg nach rechts ab, wo wir unser Zwischenziel und erste Schlüsselstelle, den „Schönen Fleck“ weit oben schon erkennen können. Über steilen Schotter und lockerem Fels eiern wir den steilen Hang in Kehren hinauf. Oben am „Schönen Fleck“ angekommen, machen wir kurz ein Trinkpause und gehen kurze Zeit später die leichte Kletterei im zweiten Schwierigkeitsgrad an. Über griffige, leicht speckige Henkel und durchwegs gute Tritte ist die Kletterei an der Platte ein Genuss.
Die Schlüsselstelle am "Schönen Fleck"
Oben am Ausstieg angekommen, empfängt uns ein kalter Wind und so gehen wir rasch weiter am Grat Richtung Süden. Über leichte Kletterei und steiles Schrofen Gelände steigen wir immer rechts der Gratschneide aufwärts.
Die ersten Meter nach dem Ausstieg aus dem "Schönen Fleck"
Nach einer Weile Schrofen klettern versperrt uns die zweite Schlüsselstelle, eine steile Wandstelle von fünf bis sechs Meter Höhe den Weiterweg. Wir schauen uns kurz die Sache an und versuchen dann, neben der markierten Route eine direkte Kletterei. Laut Führer wird diese Stelle mit UIAA II bewertet. Unsere Variante ist vielleicht ein wenig schwieriger aber richtig lohnend. Oben geht es wie zuvor weiter. Steiles Schrofen Gelände wechselt sich mit leichten Kletterstellen ab.
An der zweiten Schlüsselstelle klettern wir frei Schnauze
In einer kleinen Scharte kurz vor dem Kleinkalter entdecken wir einen kleinen Steinmann auf dem Gipfel links von uns. Wir entschließen uns den kleinen, eher unbedeutenden Gipfel zu besteigen und gehen der Gratschneide entlang bis zum höchsten Punkt des Rotpalfen auf 2367 Meter. Hier ist die Aussicht auf den Blaueisgletscher schon gewaltig. Lange können wir die Aussicht wegen des auffrischenden, kalten Windes nicht genießen, denn wir wollen nicht auskühlen.
Die Aussicht vom Rotpalfen ist schon gewaltig. v.l.n.r. Blaueisspitze Nordgrat, Blaueisspitze, Hochkalterscharte, Kleinkalter und Hochkalter.
Wir machen wieder kehrt und gehen dem Grat zurück zur Scharte und weiter zum Gipfel des Kleinkalters. Der kleine Ausflug am Grat gefiel uns recht gut und so hielten wir uns ab jetzt links des Normalwegs immer an der Gratkante entlang. Die Kletterei ist schön, nicht schwierig und im meist festen Fels. Den schnell erreichten Kleinkalter Gipfel überschreiten wir und die Aussicht wird von Höhenmeter zu Höhenmeter gewaltiger.
Vom Hohen Göll über den Watzmann Grat und den Blaueisgletscher haben wir eine wunderbare Fernsicht nach links. Aber auch rechts mit Loferer und Leoganger Berge und der Reiter Alm ist nicht von schlechten Eltern. Wir wenden uns nach Süden und steuern weiter Richtung Hochkalter. Immer der Gratkante entlang in anregender Kletterei erreichen wir nach 03:30h den höchsten Punkt. Nur kurz müssen wir uns den schmalen Gipfel mit zwei anderen teilen, dann sind wir alleine mit ein paar Dohlen und dieser gewaltigen Fernsicht.
Die Aussicht vom Gipfel. Links der Hohe Göll und rechts der großartige Watzmann Grat.
Im Windschatten lässt es sich in der Sonne richtig gut aushalten. Hier am Gipfel könnte ich Stundenlang sitzen bleiben. Aber irgendwann müssen wir los und so steigen wir das Ofental ab.
der obere, steinschlaggefährdete Teil kurz nach dem Gipfel.
Über steiles und unangenehm zu gehendes, steinschlaggefährdetes Gelände rutschen wir die ersten 80 bis 100 Höhenmeter hinab. Endlich wird das Gelände gutmütiger und über Bänder und Schotterreissen erreichen wir die Ofentalscharte. Von hier wird das Gelände nochmals leichter und wir verlieren schnell an Höhe. Auf der rechten Seite des Ofentals laufen wir, einige Altschneefelder überschreitend talwärts. Recht schnell erreichen wir die Waldgrenze.
der mittlere Teil des Ofentals, im Hintergrund die Reiteralpe.
Schlagartig ändert sich die Szenerie und wir sind auf einem kleinen Bergpfad in mitten saftigem Grün. Durch den Regen der letzten Tage, ist das Gras und die kleinen Büsche noch mit Tau und Wassertröpfchen benetzt. Wir fühlen uns wie in einer anderen Welt und genießen jeden Augenblick. Es brummt und summt an jeder Ecke. Der kühlende Schatten und die kleine Brise ermöglichen uns, trotz der hohen Temperaturen im Tal, einen weitestgehend Schweißlosen Abstieg.
schönste Trails im unteren grünen Ofental.
Der Bergpfad geht schön langsam in einem Forstweg über uns wir sind nur noch ein paar Höhenmeter von unserem Zwischenziel, dem Hintersee entfernt. Unten angekommen, überqueren wir eine Holzbrücke und stehen mitten im malerischen Klausbachtal. Umgeben von den hohen Bergen der Reiteralpe links und dem Hochkalterstock rechts, besteht uns jetzt noch der flache Marsch entlang des Klausbachs zu unserem Startpunkt, dem Parkplatz Seeklause bevor.
Das kühle Radler vom Bus Kühlschrank war nach der dieser Tour ein Genuss.
kurz unter dem Hochkalter Gipfel
Fazit: Der Hochkalter ist immer eine Reise wert, egal über welchem Weg man auf den Gipfel steigt, er fordert zum einen mit 1950 Höhenmetern und gibt einem zum anderen ein wunderbares Gefühl, der Rest der Arbeitswoche gewachsen zu sein.
Der Weg über den schönen Fleck ist eine Bergtour mit leichten Kletterstellen, die den UIAA II nicht überschreiten. Viel Gehgelände lassen einem viele Möglichkeiten die grandiose Aussicht zu genießen. Anders als beim berühmten Nachbarn, dem Watzmann halten sich hier die Besucher in Grenzen.
Der Abstieg über das Ofental gilt als die leichteste Route, den ersten Grad UIAA nicht überschreitend, die aber besonders im oberen Bereich, sicheres, kontrolliertes und aufmerksames Steigen und Klettern fordert. Denn Steinschlag kann hier besonders gefährlich sein. Hier ist ein Helm dringend anzuraten. Je weiter man hinunter kommt, desto einfacher wird das Gelände.
Ich habe den Tag genossen und dank einer gewissen Spontanität bin ich endlich wieder mal zu meinem König der Berchtesgadener Alpen gekommen.
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