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Schärtenspitze Steinberg Doppelüberschreitung - Berchtesgadener Alpen

Datum: 27.05.2022

 

Teilnehmer: Solo

 

Gipfel:

Schärtenspitze 2153m

Steinberg 2065m

 

Schwierigkeiten: UIAA I+ und B, 1900Hm

 

Wetter: Ein sehr brauchbarer Tag zwischen zwei Kaltfronten, Sonne Wolken wechselten sich ab. Geniale Wolkenstimmung

 

 

Strecke: Parkplatz Holzlagerplatz 800m – Schärtenalm 1359m – Schärtensteig - Mitterkaseralm - Hochalm – Eisbodenscharte - Schärtenspitze 2153m – Abstieg Normalweg – Ruine Alte Blaueishütte – Plattensteig - Steinberg 2065m – Abstieg zur Schärtenalm 1359m – Parkplatz Holzlagerplatz 800m

Eine kleine Übersicht der Runde, ohne jeglichen Maßstab! 

Der Abzweig bei der Schärtenalm.

13 Jahre ist es mittlerweile her, seit ich das letzte Mal auf der Schärtenspitze war. Immer wieder mal hatte ich diese überaus reizvolle Tour vor, aber jedes Mal kam etwas dazwischen. Vor einiger Zeit sah ich einen Bericht über eine Doppelüberschreitung der Schärtenspitze und dem Unrecht vernachlässigten Steinberg und war sofort Feuer und Flamme. Da ich heute am späten Nachmittag einen privaten Termin habe und die kommenden Tage auch kein gutes Bergwetter versprechen, kommt mir diese Rundtour heute gerade recht. 

Am Schärtensteig. Was für eine Morgenstimmung. 

Diesmal will ich aber nicht wie im Jahr 2009 die Schärtenspitze auf dem Normalweg über die Blaueishütte besteigen, sondern von der Schärtenalm über den Schärtensteig und die Eisbodenscharte. Anschließend will ich dann über den Normalweg der Schärtenspitze zur Alte Blaueishütten Ruine absteigen und weiter über den Plattensteig auf den Steinberg steigen. Als Abstieg folgt dann die zweite Überschreitung über die Nordseite zur Schärtenalm.

Wie schon damals, bin ich heute leider allein unterwegs. Markus, mein Tourenpartner für heute hatte sich beim Aufstehen im Dunkeln seine Zehen am Bettpfosten angeschlagen, so dass er anschließend Schwierigkeiten in den Bergschuhen hatte. Markus freut sich sicherlich wenn der Schmerz nachlässt. Ich wünsche Markus gute Besserung.

 

Ich hingegen freue mich schon auf die wilde Umgebung des heimlichen Herrschers der Berchtesgadener Alpen, dem Hochkalter. 

Wilder Weg am Schärtensteig.

Zur Schärtenalm und weiter zum Schärtensteig...

Ich starte früh morgens vom Parkplatz Holzlagerplatz. Gerade lässt die Sonne mit Ihren ersten Strahlen die Baumspitzen gelb erscheinen. Ich steige die breite aber steile Forststraße in den Morgen hinein. Steil ziehen sich die ersten Kehren durch den Bergwald hinauf. Heute bin ich gut drauf und versuche das Tempo weiter hoch zu halten. Die Schweißperlen laufen mir von Beginn an der Stirn herab, und bald darauf melden sich meine Waden. Ich will aber nicht langsamer, bleibe beim gewohnten Tempo und erreiche kurze Zeit später die letzte Kehre vor der Schärtenalm auf 1359m. Puh. Ich bin völlig nass. 

Ich trinke einen Schluck und beschließe ab jetzt ein wenig langsamer zu machen. Ich wende mich am Wegweiser nach Links und gehe die ersten Meter ziemlich flach einen schmalen Pfad Richtung Hochalm. Der Wald wird dichter und schon kurze Zeit später befinde ich mich in einem dichten, vor Nässe tropfenden Mischwald. Der Pfad windet sich im stetigen Auf und Ab über nasse Wurzeln und rutschige Steine, über und unter Steine und umgefallene Bäume. Wenn ich ein Wort für diesen Wegabschnitt finden müsste, fällt mir nur das Wort „Urwald“ ein. Ich bin begeistert! An Laufen ist hier wegen dem rutschigen Untergrund sowieso nicht möglich, deshalb versuche ich schnell zu gehen und meine Umgebung in mich aufzusaugen. Ich bleibe aber immer wieder stehen, um die Aussicht und die Umgebung zu genießen. Ich fühle mich gerade ziemlich privilegiert. Warum bin ich bisher diesen Weg noch nicht gegangen? So ursprünglich, so naturbelassen, Wunderschön!

Das Almgelände der Mitterkaseralm.

Nachdem ich seit dem Abzweig kurz vor der Schärtenalm eher Höhenmeter verloren habe, geht es jetzt endlich wieder Bergan. Kurze Zeit später steige ich auf eine kleine Lichtung, auf die Mitterkaseralm hinaus. Über der Bergwiese, im angrenzenden Wald sehe ich einen Schilderbaum, den ich anvisiere. Er weißt mich nach rechts, wo mich ein gut angelegter, steiler Steig zur Hochalm hinaufführt. Hier sehe ich die ersten Schneefelder, was meine Hoffnungen auf einen Schneefreien Aufstieg zur Eisbodenscharte zu nichte macht. Auf einmal sehe ich vor mir etwas laufen. Ich gehe kurz zur Seite und sehe etwa 20 Meter vor mir eine Gämse. Ich bewege mich langsam und vorsichtig, komme noch etwas näher und kann gerade noch einen Schnappschuss machen, bevor die Gämse Angst bekommt und sich aus dem Staub macht.

Das Gelände oberhalb der Hochalm, unter den steilen Wänden von Steinberg und Schärtenspitze. Im rechten Hintergrund schaut der Watzmann herüber.

Zur Eisbodenscharte...

Nach dieser Begegnung steige ich bedachter nach oben, beobachte die Umgebung genauer aber sie lässt sich nicht mehr blicken. Oben bei der Hochalm, meine ich zwar nochmal etwas rascheln zu hören, aber sehen kann ich keine Gämse mehr. Etwas oberhalb der Hochalm ist die Schneedecke geschlossen. Ich packe meinen Pickel vom Rucksack und steige weiter unter den mächtigen Felswänden des Steinbergs und der Schärtenspitze im Schnee aufwärts. Der Schnee ist schon aufgeweicht, hält aber noch soweit, dass ich nicht durchbreche. Die Steigeisen lasse ich deshalb noch im Rucksack und gewinne dank einer alten, angetauten Spur schnell an Höhe. Ich checke nochmal die Karte, wie weit ich denn noch aufsteigen muss, bis ich den Einstieg der Eisbodenscharte sehen müsste. Kurze Zeit später stehe ich auf dem 45 Grad steilen Lawinenkegel der zur Eisbodenscharte hinaufzieht. Die Rinne zur Scharte ist Schneefrei, nur der Rinnenboden, auf dem ich gerade stehe, ist etwas heikler zu gehen. Aber die ungute Stelle ist bald geschafft und schon bin ich bei den Seilversicherten Stellen des Aufstiegs mitten in der Rinne. Ich mache schnell, denn aus den Felswänden rechts und links neben mir höre ich immer wieder Steine mit mächtigem Gepolter in die Tiefe rumpeln. Eine schöne Kletterei, die ohne die Seilversicherung sicherlich an einigen Stellen den zweiten Klettergrad erreichen würde. Kurz vor dem Ausstieg auf die Eisbodenscharte ist noch ein problemlos zu besteigendes Schneefeld zu durchqueren ehe ich auf der Scharte neben dem Wegweiser stehe. 

Finaler Anstieg über die Rinne zur Eisbodenscharte.

Zur Schärtenspitze...

Wow, was für eine Aussicht. Dicke Nebelschwaden steigen auf, lösen sich auf und bilden sich neu. Links geht es zu einem Alpin-Kletterklassiker, dem Blaueisspitze Nordgrat, den ich vor einigen Jahren mal machen durfte. Unter mir der Aufstiegsweg zum Blaueisgletscher, wo ich eine Seilschaft mitten auf dem Schneefeld sehen kann und rechts vor mir, der Felsgrat zur Schärtenspitze. Gemäß meinem Plan steige ich nach rechts zur Schärtenspitze. Über einfaches aber ausgesetztes Gelände bleibe ich meistens am Grat oder westlich davon. Die Stellen die etwas schwieriger oder besonders ausgesetzt sind, sind mit Drahtseil versehen. Etwa 15 Minuten brauche ich von der Eisbodenscharte bis zum Gipfel der Schärtenspitze. Völlig alleine, mit einer gewaltigen Wolkenstimmung stehe ich am höchsten Punkt mit dem schönen, einfachen Kreuz. Ich setzte mich auf einen Stein, genehmige mir einen Schluck Cola und genießen die Aussicht. Die Berchtesgadener Gipfelprominenz steht vor mir. Auf meinem nächsten Ziel, dem Steinberg, kann ich auch zwei Frühaufsteher erkennen. Die beiden staunen sicher genau so wie ich über diese Schönheit.

Links der Schneebedeckte Anstieg zum Eisbodenschartensockel. Im Hintergrund die Blaueisspitze und weiter rechts der Hochkalter in den Wolken. Im Vordergrund der erste Gratabschnitt von der Eisbodenscharte.

Richtung Steinberg...

Nach gut zwanzig Minuten verlasse ich den Gipfel und steige den Normalweg Richtung der Ruine der Alten Blaueishütte hinab. Über einige Seilversicherte Stellen und unangenehme Geröllpassagen erreiche ich den markierten Weg zur Ruine. Die Alte Blaueishütte war 1955 einer großen Lawine zum Opfer gefallen und etwas weiter unten neu aufgebaut worden. Die letzten Mauerreste sind aber noch sichtbar. Ich wende mich Richtung Blaueishütte und erreiche 50 Meter weiter einen weiteren Wegweiser, der mir durch Latschen meinen Weg zum Einstieg in den Plattensteig zum Steinberg weist. Ich wende mich nach rechts und kann über Trittspuren im feinen Geröll den Weg zu den Einstiegsplatten sehen. Hier muss ich noch ein steiles Schneefeld kreuzen um endlich Fels unter die Finger zu bekommen. Durch den bereits aufgetauten Schnee ist das Schneefeld kein Problem und so kann ich oberhalb der Platten Kletterouten am Steinberg zum Gipfel hinüber Queren. Vorsichtig und ohne Steine loszutreten folge ich den Markierungen und komme recht schnell in die Nähe des Gipfels. Ein paar letzte Kletterstellen und schon stehe ich auf meinem zweiten Gipfel für heute. Leider ziehen mittlerweile immer öfter gewaltige Wolkenfetzen durch, so dass die Aussicht gegen null geht. Ich setzte meinen Rucksack neben mir und schnappe mir einen Riegel. Ich habe Zeit, ich kann warten bis die Wolke weitergezogen ist. 

Am Gipfel der Schärtenspitze.

Vom Steinberg zurück zur Schärtenalm...

Ich habe Glück, ein paar Momente später verzieht sich die Wolke und ich habe wieder Sicht. Ich habe gerade genug Zeit ein paar Fotos zu machen und meinen Weiterweg auszumachen, ehe ich wieder im White Out bin. Also gut, dann steige ich eben ab. Ich folge einer kleinen, schwach zu erkennenden Trittspur, die mich in Serpentinen in ein großes Latschenfeld in der Nordflanke des Steinbergs führt, Ein wirklich wilder Weg, der mich durch die Steilheit schnell Höhenmeter verlieren lässt. Die Latschen werden weniger und kurze Zeit später erreiche ich die Baumgrenze. Hier muss ich wieder über umgefallene Bäume klettern. Schwül ist es in dem dichten Wald. Ich schwitze, wie wenn ich aufsteigen würde. Der Weg bleibt steil und die rutschigen Wurzel- und Erdpassagen machen den Abstieg nicht leichter. Endlich kann ich das Dach der Schärtenalm sehen und bald darauf stehe ich vor der Alm auf der geschotterten Straße, die ich heute Morgen verlassen habe. Die restlichen knapp 600 Höhenmeter Abstieg lege ich knieschonend laufend hinter mich. 

Das Warten hat sich gelohnt. Einen Augenblick habe ich Sicht.

Fazit: Was für eine Runde. Ich bin völlig überrascht und begeistert von dieser Runde. Der Schärtensteig, die Landschaft unterhalb der Eisbodenscharte, der Plattenweg auf den Steinberg oder der finale Abstieg vom Steinberg nach Norden, ich kann mich nicht entscheiden was für mich heute das Highlight war. Aber muss ich mich unbedingt entscheiden? Ich denke nicht. Es war einfach eine wunderschöne Runde und erkläre diese für mein Highlight, in der ich jede Minute genossen habe. Die Schwierigkeiten halten sich danke der Seilversicherungen in Grenzen, überschreiten den ersten Grat nicht. Jedoch müssen knapp 1900 Höhenmeter bewältigt werden und Jahreszeitabhängig steile Schneefelder bis 45 Grad gequert und aufgestiegen werden.

Der steile Abstieg vom Steinberg nach Norden zur Schärtenalm.

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