Mit dem Rennrad auf einen der schwierigsten Radberge der Alpen
10.06.2023
Strecke: Kitzbühel Parkplatz Hornbahn 762m – Grub – Mautstation – Obernaualm – Alpenhaus 1670m – Gipfel Kitzbüheler Horn 1995m – Alpenhaus 1670m – Obernaualm – Grub – Kitzbühel Parkplatz Hornbahn 762m
Steilheit max. 10-22% - 1220Hm – 10,3km
Die Auffahrt vom Schicki-Micki Ort Kitzbühel über die Mautstraße auf das Kitzbüheler Horn stellt den Hobby-Rennradfahrer vor eine besondere Herausforderung. Während sich die Profis bei der jährlichen Österreich-Rundfahrt mit dem Anstieg bis zum Alpenhaus auf 1670 Meter begnügen, kann der Hobby Radfahrer den ganzen anspruchsvollen Anstieg bis hinauf zum Sendemasten in Angriff nehmen. Hierbei wird einem wirklich nichts geschenkt. Mit durchgehenden Steigungen von 10 – 22 Prozent und rund 1220 Höhenmeter auf 10,3 Kilometer brennen die Waden enorm. Quasi ohne Erholungsphasen ziehen sich die Kurven und Serpentinen höher und höher bis sie am Fuß des Sendemasts endlich eine Pause bekommen.
Lange hatte ich diese Herausforderung schon im Kopf. Eigentlich kannte ich die Strecke so gut wie fast keinen anderen Rad-Aufstieg. Wie oft ich sie auf meiner intelligenten BKOOL Rolle im Video schon gefahren bin, kann ich nicht mehr sagen. Hierbei trieb ich mich im sicheren Garagenumfeld ans Limit. Jetzt sollte ich im Rahmen eines Familienurlaubs im nahen Wilden Kaiser die Möglichkeit kriegen, „meine“ Trainingsstrecke endlich mal real zu fahren.
Die Aussicht ist schon wunderbar.
Mit ziemlichem Respekt ging ich an das Projekt. Ich wusste ja was auf mich zukam. Wir parkten am Parkplatz neben der Hornbahn. Während meine Frau und meine Tochter mit der Bahn zum Gipfel fuhren, machte ich mich und mein Rad bereit und fuhr die paar Hundert Meter an der Bundesstraße B161 zurück zum Beginn der berüchtigten Alpenstraße. Am Start angekommen, machte ich kurz ein Foto vom Bahntunnel am Beginn der Auffahrt und startete danach meine Auffahrt durch den Ortsteil Grub.
Ich versuchte, eigentlich wie immer mich am Anfang zu beherrschen und ein für mich angenehmes Tempo zu finden. Naja, die Betonung sollte bei „ich versuchte“ liegen. Leider verfiel ich recht schnell in den Trainingsmodus und pushte von Beginn an. Nach dem ich die letzten Häuser passiert hatte, lief mir der Schweiß schon von der Stirn. Wenn ich so weiter mache, dann komm ich nicht zum Gipfel. Also zwang ich mich zur Ruhe und konnte meinen Puls wieder leicht runterdrücken. Was aber ganz nicht so leicht war, bei der Steilheit der Straße.
Vor mir sah ich schon die ersten Mitfahrer ein paar Hundert Meter vor mir, was mir wieder einen Reiz gab zu pushen. Trotz allem Drang kontrollierte ich meine Pace und kletterte Kurve für Kurve höher.
An der Mautstation angekommen, überholte ich die erste Fahrerin. Eine Frau, geschätzt zwischen 60 und 70 Jahren, die sich mit einem nagelneuen Rennrad hinauf quälte. Ich zollt Ihr gedanklich meinen Respekt und machte mich nach einem kurzen Foto an der Mautstation weiter Richtung Gipfel auf.
Nur gefühlt ist es nicht mehr weit... aber es zieht sich noch...
Kurz darauf schnappte ich mir den nächsten Radler. Ich hatte einen guten Tritt, ich fühlte mich relativ wohl. Bei der Aussicht auf den Wilden Kaiser der Hohen Salve und dem Flachland darunter macht das kurbeln teilweise richtig Spaß.
Ich passierte die Obernaualm, einer malerischen Alm direkt an der Straße und folgte einer folgenden Kurve in Richtung der letzten Kehren zum Alpenhaus. Hier kamen mir die ersten Fußgänger entgegen, die anscheinend auf dem Wanderweg zurück nach Kitzbühel unterwegs waren. Einige Applaudierten, andere Klatschten. Diese Anfeuerung freute mich und gab mir nochmal Kraft die letzten Kehren zu schaffen.
Am Parkplatz des Alpenhauses angekommen, umkurvte ich einige Menschen und suchte mir die einspurige Straße, hinauf zum Sendemasten. Ziemlich angeschlagen, musste ich auf den Passagen gleich nach dem Alpenhaus ziemlich kämpfen. Ich stand auf und kämpfte im Wiegeschritt weiter nach oben. Als ich nach oben zum Sendemasten schaute, wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr viel im Sattel sitzen werde. Das Sträßchen lehnte sich nicht mehr zurück. Immer mehr Leute kamen mir entgegen und es wurde teilweise echt schwer zwischen den aufsteigenden und absteigenden Wanderern durchzukommen, ohne den Tritt zu verlieren.
Eine Aussicht der Extraklasse vom Gipfel des Kitzbüheler Horn.
Ich passierte den Bergblumengarten, den Kinder-Klettersteig, einige Lawinenverbauungen und konnte kurz unterhalb des Gipfelrestaurants meine Familie erkennen. Wild jubelnd kam mir meine Tochter entgegen, die mich dann sobald ich sie erreichte, mich laufend ein paar Meter begleitete. Ich sah mittlerweile sicherlich mitleidenserregend aus, also riss ich mich nochmal zusammen und mobilisierte die letzten Kraftreserven hinauf bis zum Sendemasten. Teilweise war ich so langsam unterwegs, dass ich fürchten musste, einfach zur Seite zu fallen. Aber letzten Endes schaffte ich es doch auf dem Rad zu bleiben. Was für ein Anstieg! Puh, bin ich kaputt. In einem kleinen Betonunterstand am Fuße des Sendemasts stieg ich ab. Mit meiner Zeit von 01:13:16 konnte ich zufrieden sein.
Das folgende Weißbier konnte ich richtig genießen, obwohl mir der Preis von 6,50€ nicht nur Freudentränen in die Augen trieb.
Auf den letzten Metern kurz unterhalb des Gipfelrestaurants.
Fazit: Es war für mich ein wunderbares Erlebnis, einmal auf das Kitzbüheler Horn zu fahren. Ohne Motor, Ohne Seilbahn, einfach nur mit Muskelkraft. Es war hart, besonders in meinem momentanen Trainingszustand aber es befriedigt mich, eine so anspruchsvolle Strecke trotzdem recht passabel gemeistert zu haben. Ich musste wieder einmal feststellen, dass virtuell doch nicht real ist.
Auf einer völlig jungfräulichen Teerdecke war sogar die Abfahrt für mich ein Genuss.
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