· 

Silvrettahorn 3244m - Silvretta

Datum: 20.08.2023

Teilnehmer: Stefan, Melanie, Markus, Karl-Heinz, Christoph, Hans

 

Gipfel:

Silvrettahorn 3244m

 

Schwierigkeiten: WS - 35°- II - 1000Hm – 15Km

Bedingungen: Gletscher aper, Felsen trocken

Wetter: bestes Tourenwetter, keine Gewittergefahr

 

Strecke:  Wiesbadener Hütte 2443m – Ochsentaler Gletscher 2780m – Egghornlücke 3082m – Silvrettahorn 3244m – Egghornlücke 3082m – Silvretta Gletscher – Rote Furka – Klostertal – Klostertaler Umwelthütte - Silvretta Stausee auf der Bieler Höhe 2037m 

Eine kleine Übersicht unserer Tour, jedoch ohne Maßstab.

Nach unserem gestrigen erfolgreichen Tag auf der Dreiländerspitze hatte ich mir für heute das Silvrettahorn ausgesucht. Von der Schwierigkeit her ähnlich aufgebaut wie die Dreiländerspitze, unten Gletscher, die Mitte brüchig und oben guter und fester Fels im zweiten Schwierigkeitsgrad. Ich freute mich auf diese Tour, weil wir oben zusätzlich noch die Möglichkeit hatten, das Silvrettahorn zu überschreiten und weiter zur Schneeglocke zu gehen. Um kurz nach halb 7 starteten wir von unserem Stützpunkt, der Wiesbadener Hütte über einen gut angelegten Steig der uns unter den Felsen der Grünen Kuppe entlangführte. Auch beim Ochsentaler Gletscher ist es augenscheinlich, dass der Klimawandel ein immer schneller werdendes Abtauen unserer ehemals ewigen Eisströme anfeuert. Leider hinterlässt das schwindende Eis meistens brüchigen Fels und Schotter, der mühsam gangbar gemacht werden muss. Genauso ist es hier beim mittlerweile sehr anspruchsvollen Zustieg hinauf zum Ochsentaler Gletscher. Jedes Jahr muss der Steig auf der orografisch linken Seite neu angelegt werden. 

 

Auf dem Weg zum Ochsentaler Gletscher.

Nach einer etwas anspruchsvollen Wegsuche, wo nur wenige Markierungspunkte und Steinmänner angebracht waren, erreichten wir als dritte Seilschaft den unteren Teil des blanken Gletschers. Blau schimmerte das Eis in der Morgensonne. Dank der glücklichen Fügung, dass wir bei der letzten Pause bereits unsere Gletscherausrüstung am Mann hatten, konnten wir, nachdem wir die Steigeisen angezogen hatten, gleich starten und vor den ganzen Piz Buin Aspiranten losziehen. 

Auf dem Ochsentaler Gletscher kurz unterhalb der Egghornlücke. Im Hintergrund der Besuchermagnet, der Große Piz Buin.

Wir gingen wie gestern auch heute wieder Seilfrei über den Gletscher. Spalten und Löcher waren ganz klar zusehen und da dadurch die Absturzgefahr größer als die Spaltensturzgefahr war konnten wir das bedenkenlos so machen. Wir steuerten erst dem Piz Buin Normalzustiegsweg auf der rechten Seite des Gletschers nach oben. Nach etwa 500 Meter drehten wir nach rechts in Richtung Silvrettahorn beziehungsweise Egghornlücke ein. Hier war stellenwiese noch eine dünne Restfirnauflage auf dem Blankeis die wir gut umgehen konnten. Auch die Schneegefüllten Spaltenbrücken hielten noch bedenkenlos. Rasch kamen wir höher in den Nährbereich des Gletschers. Und siehe da, hier war noch ein wenig schützende Schneedecke auf dem Eis. Wir entschieden uns, auf einer guten, stabilen Spur bis in die Egghornlücke aufzusteigen. Dort entledigten wir uns unserer Steigeisen und suchten uns einen gangbaren Weg durch den Schotter der Südwestflanke. Teilweise böses Schottergelände, meist aber doch gut zu gehen. 

 

Impressionen vom Aufstieg mit Gipfel.

Mann musste echt aufpassen, was man anfasste und wo man seine Tritte hinsetzte. Am oberen Südgrat angekommen, verbesserte sich die Felsqualität erheblich. Bombenfester und griffiger Fels führte uns über die letzten Meter ansprechend und teilweise recht ausgesetzt bis zum höchsten Punkt. Diesmal brauchten dank einer guten Psyche aller Teilnehmer keine Seilsicherung. Freudig klatschten wir uns ab und beglückwünschten uns zu unserem zweiten Gipfel an diesem Wochenende. 

Der mögliche Weiterweg, zu Schneeglocke rechts der Bildmitte.

Da wir den Gipfel für uns allein hatten, machten wir ausgiebige Brotzeit. Die Aussicht war wie gestern schon wunderschön. Der massive Felsklotz, der Große Piz Buin stand wie auf dem Präsentierteller vor uns. Die Menschenschlange, die auf dem Weg zum Piz Buin war, erinnerte mich an die Zustände an einem besonders hohem Berg im nepalesischen Himalaya. Wir konnten quasi das gesamte Tourengebiet der Wiesbadener Hütte überblicken. Gewaltig. Aber spätestens hier mussten wir uns über unseren weiteren Weg klar werden. Wollen wir die Überschreitung zur Schneeglocke machen und einen Abstieg via Rotfluhlücke und Klostertaler Gletscher wagen oder gehen wir den etwas einfacheren, aber längeren Weg zurück zur Egghornlücke und via Silvretta Gletscher und Rote Furka ins Klostertal. Per Mehrheitsentscheidung fiel das Votum auf Variante 2. 

Am Einstieg zur Roten Furka. Im Hintergrund links der Bildmitte das Silvrettahorn mit Silvretta Gletscher.

Nachdem sich eh schon die nächste Klettergruppe ankündigte, machten wir noch schnell ein Gruppenfoto und stiegen anschließend dem Aufstiegsweg folgend zur Egghornlücke ab. Dort checkten wir nochmal unseren beschlossenen Abstieg in der Karte und gingen dann einen unschön zu gehenden Steig zum Silvretta Gletscher ab. 

Endlich am Gletscher angekommen, montierten wir unsere Steigeisen und schlenderten den aperen, flachen und spaltenarmen Eisstrom seilfrei Richtung Silvretta Hütte talauswärts. Wir hielten uns aber orografisch an der rechten Gletscherseite, weil wir unten, am Gletscherende den Aufstieg zur Roten Furka nicht verpassen wollten. Schnell erreichten wir das Ende des Gletschers. Auf den letzten Metern suchten wir das felsige und schottrige Gelände nach Trittspuren, Markierungen und Wege ab aber erst kurz vor dem Ende der Seitenmoräne erkannten wir einen Steinmann etwas weiter oben. Auf diesen steuerten wir zu und konnten recht bald darauf den markanten Einstiegsfelsen zur Roten Furka erkennen. Der Steig dreht recht scharf nach rechts ein, ist steil angelegt, aber doch gut zu gehen. Schnell waren die letzten Höhenmeter des Tages geschafft und wir konnten die Aussicht von der Roten Furka genießen. Was für ein Ausblick. Gewaltig! Andächtig blieben wir stehen und saugten die Stimmung um den größten Gletscher der Silvretta in uns ein.

Auf der Roten Furka.

Nur schwer konnten wir uns losreißen. Auf dem sehr gut markierten Abstiegsweg ins Klostertal verloren wir rasch an Höhe. Unzählige Mal querten und durchquerten wir die Wassermassen die von den umliegenden Gletscher abflossen. Was für ein natürliches und ursprüngliches Tal. Wild mäanderten die Abflüsse, vereinigten sich und teilten sich wieder. Überall war es sumpfig, es brummte und summte. Je weiter man nach unten kam, desto grüner wurde es. Waren es oben nur vereinzelt Pionierpflanzen waren es auf Höhe der Klostertaler Umwelthütte schon richtige Matten und blühende Almwiesen. Ein Bilderbuchtal!

 

Im unteren Teil des Klostertals, ganz hinten kann man schon den Silvretta Stausee erkennen.

Von der Klostertaler Umwelthütte konnten wir unser Ziel, den Silvretta Stausee bereits erkennen. Aber wie wir später dann leidvoll erfahren sollten, zog sich der Weg noch. Irgendwann war dann auch unsere Reise zu Ende und so konnten wir am Ufer des Stausees zurück zum Parkplatz schlendern. Glücklich über zwei wunderbare Tourentage und zwei herausragende Gipfelziele beschlossen wir am Seerestaurant mit Weißbier und Kuchen unseren Ausflug in die Silvretta.

 

 

Fazit:

 

Ein sehr abwechslungsreiche Tour die schon gewissen Grundfertigkeiten in Eis und Fels verlangen. Eine Grundfertigkeit ist besonders gefragt. Das Bewegen im haltlosen Fels und absturzbereiten Schotter wird bei alpinen Hochtouren immer mehr zu Kernkompetenz. Das Silvrettahorn ist ein schönes, aber über weite Teile recht bröseliges Unterfangen. Steinschlag und abrutschender Schotter sind die größten Gefahren. Die heutige Besteigung aber auch schon gestern an der Dreiländerspitze konnten wir einen ersten Eindruck erlangen, wie sich das Bergsteigen in den nächsten Jahren weiter zum negativen verändern wird. In Permafrost freien Bereichen drohen massive Felsstürze, apere und unsichere Eiswege verlangen erhöhte Aufmerksamkeit. Bergsteigen wird definitiv gefährlicher.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0