Teilnehmer: viele andere Tourengeher
Datum: 27.01.2024
Gipfel:
Hoher Bogen 1079m
Schwierigkeiten: keine
Lawine: ohne
Verhältnisse: sehr schwierige Verhältnisse, eisig im Aufstieg und sehr ruppig bei der Abfahrt
Wetter: schöner Wintertag
Strecke: Hoher Bogen Talstation – Hoher Bogen Bergstation / Gipfel 1079m
Eigentlich war ich nie der Sportler, der sich immer und andauernd mit anderen messen musste, um sich so motivieren zu können. Ich war zwar immer bei den verschiedensten Ausdauer-Sportveranstaltungen sehr gerne dabei, aber immer nur um eben dabei zu sein, ein tolles Erlebnis und ein gutes Finish zu erleben. Dabei war mir die Zeit nie wichtig. Aber so ein Wettkampf spornt einem doch recht an, wenn es ums Durchhalten bei eintönigen und sich immer wiederholenden Streckenteilen geht. Und das braucht man als im Flachland lebender Alpinsportler.
Also meldete ich mich beim HOBO-Pur Skitourenevent an. Dort wollte ich, aber nicht wie viele andere, um neue Rekorde kämpfen, denn dazu bin ich zu schwach und die anderen viel zu fokussiert und stark. Nein, ich wollte den Wettkampf nutzen, um zu trainieren für die kommenden spannenden Erlebnisse in dieser Skitourensaison.
Auf der Homepage des Veranstalters konnte man folgendes lesen:
HOBO pur- Pures Vergnügen bei der 12h Skitouren-Gaudi am Hohenbogen.
Die HOBO pur bietet die einmalige Gelegenheit, in den 12 Stunden von 07:00 Uhr morgens bis 19:00 Uhr abends genauso oft ohne fremde Hilfe mit Tourenski von der Talstation des Hohenbogen zur
Bergstation aufzusteigen und wieder abzufahren, wie man eben Lust, Kraft und Zeit hat.
Ich freute mich auf diese Skitouren-Gaudi obwohl die Woche davor Regen und Tauwetter angesagt war und deshalb die Durchführbarkeit des Events in den Sternen lag. Am Donnerstagabend kam dann die Meldung, dass das die Kunstschneepiste die Witterung recht gut überstanden hat und deshalb, aber auch weil keine Besserung der Schneeverhältnisse in Aussicht waren, das Event wie geplant stattfand.
Viele der angemeldeten Teilnehmer ließen sich aber dennoch von den vermeintlich schlechten Verhältnissen und des Bildes der Livecam an der Talstation abschrecken. Also standen um kurz vor 7:00Uhr morgens nur etwa 30 Teilnehmer an der imaginären Startlinie.
Nach ein paar für mich zu kurz ausgefallen Einführungsworte starteten wir wie ein wilden Horde der anfangs noch flache Piste folgend in die Dunkelheit. Der Puls wie bei jeden Rennen am Anfang auf Anschlag mäßigte ich meinen Schritt zwangsweise ein wenig. Ansonsten hätte ich nach einmaligem Aufstieg die K.O.-Glocke am Gipfel schlagen können.
Schnell kristallisierten sich kleine Grüppchen heraus, die sich hintereinander und nebeneinander gehend formierten. Vorneweg die Schmalski-Junkies mit Rennanzug und 5000 Euro Ausrüstung unter den Füßen. Ich ging neben zwei Tourengehern meines Kalibers etwas gemütlicher die steile Piste hinauf. Schon am ersten Steilaufschwung kam ich wegen der eisigen Verhältnisse einige male ins Rutschen. Immer wieder glitt mir ein Ski nach hinten weg, was mir unnötig Kraft kostete. Meinen beiden Mitstreitern ging es nicht anders. Die Beschneiungsanlage sprühte ihren feinen Nebel in den Nachhimmel. Auch die noch fahrende Pistenraupe raute den Untergrund nochmals auf, was uns unseren Aufstieg doch erheblich erleichterte. Erst bei der zweiten Steilstufe begann das Rutschen von neuem. Diesmal verlor ich komplett die Haftung und rutschte seitlich einem Meter die Piste hinunter. Ich fing mich und konnte anschließend mit drei Spitzkehren die eisigen stellen in der Pistenmitte umgehen. Andere folgten meinem Beispiel und wir setzten unseren Aufstieg fort. Auf dem großen Plateau vor dem Gipfelaufschwung war nur noch eine Millimeterauflage Schnee auf dem steinigem Untergrund. Hier befreiten Helfer des Orgateams die Piste von Steinen und montierten für den am Vormittag startenden Pistenbetrieb die Markierungsstangen für unseren sicheren Aufstieg. Am Gipfel meldete ich mich bei der Bergwacht, um meinen ersten Aufstieg zu dokumentieren.
Schnell wechselte ich von Aufstieg auf Abfahrt, stopfte meine Felle in die Jackentasche und quälte mich anschließend die eisige und ruppige Piste zur Talstation hinab. Wirklich keine guten Abfahrtsverhältnisse, mies würden sie besser beschreiben. Nur gut, dass das Tageslicht mittlerweile zum Abfahren reicht. Ein wenig später zeigte ich, meine Startnummer am Schwammerl an der Talstation und schon ging es umgekehrt wieder hinauf auf den Berg…
Wie schon beim ersten Aufstieg stiegen wir zu dritt die 400 Höhenmeter der Piste hinauf. Aber schön langsam spürte ich meinen Skitourenrucksack, den ich zu Trainingszwecken, so mitführte, wie wenn es eine Alpenskitour wäre. Also mit kompletter Ausrüstung! Ich konnte die Pace meiner beiden Kollegen nicht halten und ließ abreißen.
Durch die Beschneiung der Piste und der Arbeit der Pistenmaschine wurde der Aufstieg besser, die Piste bekam mehr Gripp und so wurde es gefühlt ein Stück leichter aufzusteigen. In meinem Tempo stieg ich dann ein zweites, drittes Mal hinauf zum Gipfel. Es begann in der Gemeinschaft der Tourengeher richtig Spaß zu machen und ich rechnete, dass ich vielleicht sogar die 3000 Höhenmeter heute gut schaffen könnte.
Erst beim vierten Mal merkte ich, dass anscheinend die Temperaturen auf der Piste so warm geworden sind, dass die Schneelanzen und Schneekanonen keinen Schnee mehr machen konnten, sodass nur noch Wasser auf die Piste verteilt wurde. Das Wasser verwandelte sich in sekundenschnelle in Eis und die Piste in eine Rutschbahn. Besonders in den Steilstücken glitten reihenweise Tourengeher aus. Einige montierten sogar Ihre Ski von den Schuhen und stiegen in Serpentinen zu Fuß die Steilstufe hinauf.
So machte das keinen Spaß mehr, keine Skitourengaudi wie es der Veranstalter prophezeite, meine Motivation sank auf ein Minimum. Harscheisen hatte ich im Auto, aber Harscheisen bei einem Skitourenwettkampf verwenden? Ich wusste auch nicht, ob das überhaupt erlaubt ist. Also ging ich in flachen Spitzkehren, wie auf rohen Eiern, diese Steilstufen hinauf. Oben raus genügte anscheinend die Temperaturen noch für die Schneeproduktion, sodass die Bedingungen an der dritten Steilstufe besser waren. Die steigenden Temperaturen ließen die Piste in der Sonne für die Abfahrt besser werden. Ich zwang mich noch ein fünftes Mal den Anstieg in Angriff zu nehmen. Aber nur mit größten Kampf kam ich über diese vereiste zweite Steilstufe.
So das wars für mich… oben meldete ich mich ein letztes Mal an der Bergwachtstelle und fuhr ein letztes Mal die Piste hinunter. Das Problem mit den Schneekanonen wurde anscheinend erkannt und Kanonen abgestellt. Ohne störenden Schnee- bzw. Wassernebel für ich auf der mittlerweile etwas ausgefahrenen Piste hinunter.
Im Zielbereich meldete ich mich ab und ging doch recht groggy Richtung Parkplatz, wo ich an der Verpflegungsstation im Skidepot einen Isodrink und eine Nuss Ecke holte.
Fazit:
Es ist ein schönes Sportevent für Ausdauerenthusiasten, das durch seine Einfachheit lebt. Kein großes Tamtam, einfache Regeln und der Spaß am gemeinsamen Pistenaufsteigen. Durch die meist gut instandgehaltenen Pisten kann man das durchaus so machen.
Da es aber durch die vorherrschenden schlechten Pistenverhältnissen ein wenig mehr als „Auf die Plätze, fertig, los und habt Spaß auf der Piste“ bedurft, ist für mich klar. Wenn man 25 Euro Startgeld kassiert, die für mich nicht zu viel sind und übrigens sehr gut bei der Bergwacht aufgehoben sind, dann könnte man zumindest dafür sorgen, dass beim Start das Pistenfahrzeug seine Arbeit beendet hat. Das kann unter Umständen böse ins Auge gehen, besonders wenn bei dem meisten Teilnehmern der Wettkampfgedanke im Vordergrund steht.
Außerdem sollte die Aufstiegsroute der Tourengeher, besonders weil im Vormittag Pistenbetrieb angemeldet war, zum Start fertig markiert und abgesperrt sein und nicht im „Rennbetrieb“ nach und nach montiert werden. Insgesamt eine schöne und sympathische Veranstaltung aber doch mit Verbesserungspotential.
Für mich brachte dieses Event einen passenden Trainingstag. Ich konnte in einem sympathischen Umfeld ein paar Höhenmeter aufsteigen, Ausrüstungsteile prüfen und mich ein wenig an meine frühere Wettkampfzeit erinnern. Mit meinen Aufstiegszeiten kann ich auch zufrieden sein. Auf die fünf Aufstiege konnte ich eine Durchschnittszeit pro Aufstieg von Knapp 33 Minuten verbuchen. Das passt gut für mich!
Außerdem brachte es mir die Erkenntnis, dass ich sowas nicht mehr brauche. Stures und eintöniges Pisten-Auf und Ab ist nicht mehr das meine. Es war es eigentlich noch nie! Habe mich eigentlich immer gewehrt...
Ich werde Möglichkeiten finden, meine Kondition anderweitig zu erlangen. Ich muss jedes Mal Höchstleistungen vollbringen, und da meine ich nicht unbedingt die auf der körperlichen Seite, sondern eher, dass ich meinen Kopf dahin bringe, Stundenlang die gleiche Piste hinaufzusteigen.
Klar ist es gemeinsam mit Freunden leichter und schöner, und ich kann das, wie auch heute 3-mal oder auch wenn es hart kommt 5-mal bei einem anregenden Ratsch machen. Aber so wie andere, die das voll fokussiert zehn oder zwanzig Mal machen, könnte ich mir nicht mehr vorstellen.
P.S. Auf der Heimreise kam die Weltrekord-Nachricht im 24h Skitourenaufstieg auf allen Plattformen. Er hat in 24 Stunden mehr als 24000 Höhenmeter zurückgelegt. Einfach nur Wahnsinn, was das für eine mentale Leistung ist, mal abgesehen von der körperlichen!
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