Teilnehmer: Peter, Tobi, Till, Christian, Christian, Christian, Veronika, Markus, Felix
Datum: 23.02.2024 – 25.02.2024
Gipfel:
Kolmkarspitze 2529m
Silberpfennig 2600m
Schwierigkeiten: ST I-II
Lawine: 3 – erhebliche Triebschneegefahr
Verhältnisse: Durch bis zu 50cm Neuschnee und starke Windverhältnisse insgesamt schwierige Schneeverhältnisse
Wetter: starke Windböen in Kammnähe, starke Bewölkung mit diffuser und schlechter Sicht
Strecke: Naturfreundehaus Kolm Saigurn – Durchgangsalm – Durchgang – Kolmkarscharte – Kolmkarspitze 2529m – Kolmkarscharte – Durchgang – Durchgangalm – Naturfreundehaus Kolm Saigurn
Naturfreundehaus Kolm Saigurn – Durchgangsalm - Filzenalm – Filzenkar – Pochhartscharte 2226m – Baukarlscharte 2492m – Großer Silberpfennig 2600m - Baukarlscharte 2492m – Seealpe – Seealm 1862m – Mautstation Rauris
Eine kleine Übersicht unserer Touren an diesem Wochenende.
Pistenskitour zur Bergstation der Rauriser Hochalmbahn.
Schon lange wollte ich nach Kolm Saigurn ins hintere Rauriser Tal, da wo die Skitourenberge Hocharn und Sonnblick alles überstrahlen. Deshalb freute ich mich, dass Tobi ein Wochenende im Naturfreundehaus im Rahmen einer Alpenvereins-Sektionstour angeboten hatte. Ich sagte sofort zu und beschäftigte mich anschließend mit dem Tourenangebot im Rauriser Tal. Die Tourenmöglichkeiten ließen fast keine Wünsche offen. Von einfachen Aufstiege auf schöne Skigipfel bis zu großartige Überschreitungen und Kombinationen hoher 3000er war alles zu haben.
Aber wie so oft kam alles anders als geplant.
Ein schneebringendes Tief brachte ausgerechnet am Abreisetag die eigentlich in den letzten Wochen benötigte Schneemengen. 50-70 cm Schnee meldeten die Wetterdienste. Ich ahnte schon schlimmes, als wir mit dem Kleinbus ins Rauriser Tal fuhren.
Es musste eine Lösung her. Dichtes Schneetreiben und Nullsicht! Da sollte man sich nicht in unbekanntem Tourengelände rumtreiben. Also entschied Tobi, dass wir bei den Rauriser Hochalmbahnen eine Pistenskitour zur Bergstation unternehmen. Meine Begeisterung war nicht recht groß aber wegen der aktuellen Wettersituation, war das die einzige sinnvolle Entscheidung und außerdem wollte ich nicht Tobis Entscheidung torpedieren. Also fügte ich mich und versuchte das Beste aus der Situation zu machen.
Über die Zick-Zack Talabfahrt gewannen wir schnell an Höhe und stiegen anschließend eine bucklige und steile, schwarze Piste ziemlich direkt auf. Das Wetter verschlechterte sich gefühlt jeden Höhenmeter den wir höher kamen. Die Sicht war sehr eingeschränkt und die peitschenden Schneeböen brannten an den Wangen. Bestes Tourenwetter!
Was für eine Schinderei bei diesem Sauwetter. Nach 1200 Höhenmeter und einigen kleinen Trinkpausen erreichten wir nach etwa zweieinhalb Stunden die Bergstation auf 2200 Meter. Dort zog ich mir meine Windjacke über und packte die Skibrille aus. Auf der jetzt mit Neuschnee vollgepackten Piste ging es hinunter zur Hochalm, denn dort wollten wir uns ein wenig aufwärmen und eine Kleinigkeit essen. Anschließend fuhren wir die restlichen Pistenmeter hinunter zur Talstation.
Von Rauris ging es dann die letzten Meter in den Talschluss zum Parkplatz neben dem Alpengasthof Bodenhaus. Von dort stiegen wir über die bereits dick schneebedeckte Mautstraße in Richtung Kolm Saigurn, wo das Naturfreundehaus steht. Tief verschneit war die Landschaft, die Bäume ächzten unter der Schneelast und auch die Häuser am Rand der Mautstraße hatten ein beachtliches Schneekonstrukt oben aufsitzend.
Hüttenzustieg - von der Mautstation nach Kolm Saigurn zum Naturfreundehaus.
Weiter kamen dicke Flocken von oben herunter. Es hörte nicht auf zu schneien. Als wir endlich beim Naturfreundehaus ankamen sahen wir aus wie Schneemänner. Wir checkten ein und holten uns in der Gaststube erst einmal eine Erfrischung. Mit Spannung erwarteten wir den aktuellen Lawinenlagebericht, der unsere eigene Wahrnehmung nur bestätigte. Insgeheim rechnete ich wegen der Schneemenge und der starken Windverfrachtung mit einem 4er, aber die Lawinenwarndienste beließen es bei einem 3er.
Die Lawinenlage und die hohe Schneemenge war auch weiterhin großes Thema in der Gruppe. Die großen Skiberge hinter dem Naturfreundehaus wie Hocharn und Sonnblick können wir auf Grund der aktuellen Lager an diesem Wochenende vergessen. Also müssen wir anderweitig schauen. Östlich des Naturfreundehauses, Richtung Gasteiner Tal, waren schöne, etwas einfachere und nicht so steile Berge, die für unsere Skitourenziel-Notlage genau richtig waren. Bei richtiger Spurwahl waren diese auch bei einem scharfen 3er vertretbar. So kam die Kolmkarspitze in unsere Überlegungen als einzige Möglichkeit eine schöne Tour zu gehen.
Am nächsten Morgen hatte sich der Schneefall beruhigt und wir hofften deshalb auf einen schönen Tourentag inmitten einer hochwinterlichen Landschaft. Wir starteten in zwei Gruppen, etwas zweitversetzt, um dann später Abstände und möglichst wenig Belastung für die oben sehr labile Schneedecke zu haben.
Im Winterwonderland.
Vom Naturfreundehaus ging es erst ein wenig zurück Richtung Parkplatz Lenzanger, um dann bei geeigneter Stelle rechts ins Winterwunderland einzudrehen. Die Sonne strahlte vom blauen Himmel als wäre der gestrige Tag nie gewesen. Um uns herum überall Bäume die bei jeder Gelegenheit Ihre weiße Pracht herunterfallen ließen. Jeder bekam mal seine Ladung ins Genick... Der leichte Wind hier im Wald ließ uns böses ahnen, was da oben an den Kanten und Gipfeln der Wind alles so aufbaut.
Wir stiegen weiter höher, Tobi spurte weltmeisterlich durch 50cm Neuschnee und wir suchten uns zwischen den eng stehenden Bäumen einen Weg hinauf Richtung Durchgangsalm. Was muss das für eine Schinderei sein. Aber Tobi nahm seine Aufgabe als Leitung recht ernst, so das kein anderer in den Genuss des Spuren kam. An der Durchgangsalm angekommen, war unser nächstes Ziel ein breiter Rücken, der zum Seekopf hinaufzog. Wir konnten aber schon den unglaublich starken Wind sehen, der die Schneekristalle weit in den Himmel hinauf wirbelte. Der Baumeister der Lawinen war fleißig und wir konnten regelrecht die Triebschneepakete riechen. Aber auf dem abgeblasenen Rücken würden wir sicher aufsteigen können. Der Wind wurde von Minute zu Minute stärker, die Böen rissen mich einige Mal richtig um. Die Schneekristalle brannten auf der Haut, die Skibrille hing auf halbmast und in meinen Fingern hatte ich kein Gefühl mehr. So macht das gar keinen Spaß, nein, wegen den starken Windböen war es zeitweise auch richtig gefährlich. Auf 2085 Meter brachen wir dann ab und fuhren mit Fellen ein paar hundert Meter ab. Dort sammelten wir uns und beschlossen zurück zu einer Almfläche etwas weiter unten durch einen lichten Nadelwald abzufahren. Vielleicht, so hofften wir, konnten wir einige schöne Schwünge in den Pulverschnee zaubern. Aber weit gefehlt, durch die hohen Schneemenge musste wir Schuss fahren, um nicht beim Abfahren anschieben zu müssen.
Windböen die einem aus der Skispur reißen.
So macht das, was wir hier machen keinen Sinn und vor allem keinen Spass. Was sollen wir jetzt nur machen?
Die Flanken über 30 Grad sind eklatant lawinengefährlich, alles unterhalb 30 Grad wegen der Schneemenge unfahrbar. Also dachte sich Tobi, sammeln wir wenigstens ein paar Höhenmeter…Tobi spurt einen steilen, dicht bewachsenen Wald hinauf. Dabei mischen sich unsere beiden Gruppen mit einigen tschechischen Tourengehern und so konnten wir uns die Spurarbeit ein wenig aufteilen.
In den Freiflächen oberhalb des Waldes angekommen, war der Wind im Lee spürbar weniger störend. Wir steigen die sanften Kuppen höher und höher. Oben auf der Kolmkarscharte angekommen, machen wir kurz Pause. Till und ich überlegen, als sich die anderen zum Abfahren bereit machen, ob wir nicht doch noch den Gipfel probieren sollten. Gesagt getan, wir steigen weiter an. Peter, Felix und Christian schließen sich uns an. Jetzt lag an Till und mir den Weg zum Gipfel zu spuren. Immer den sichersten und besten Weg suchend zog ich dann in Spitzkehren den letzten steilen Hang zum Rücken des Gipfelaufbaus hinauf. Dieser war abgeblasen und es herrschte Weltuntergangsstimmung. Durch den Düseneffekt der nahen Kolmkarscharte waren die Winde an der Föhnmauer richtig stark. Wir machten Skidepot, sicherten unsere Ski an den riesigen Windgangeln und stiegen gebeugt, den flach ansteigenden Rücken zum Gipfel der Kolmkarspitze auf 2529 Meter hinauf. Etwas abseits der Windschneise war der Aufenthalt am Gipfel vergleichsweise richtig angenehm.
Auf dem höchsten Punkt der Kolmkarspitze 2529m
Schnell verlassen wir die dem Wind ausgesetzte Gipfelfläche und begeben uns auf der Suche nach unseren Ski. Ich packte meine Ski und wanderte zwischen den Böen den flachen Rücken hinunter. Ich reiße meine Felle von den Ski und stecke sie ungefaltet in meine Jacke. Stieg in die Ski und fuhr die ersten Meter in die Scharten hinab. Erst als wir wieder am vorigen Pausenplatz waren stoppten wir kurz. Hier war quasi, geschützt von einem großen Schneekolk kein Wind mehr. Jetzt lag das breite Kar zwischen den Filzenkammfelsen und dem Seekopfrücken vor uns.
Eigentlich bietet das vor uns liegende Kar ein weitläufiges, schönes Abfahrtsgelände bis hinunter zur Durchgangsalm, wo man schön wedeln kann, aber bei der großen Schneemenge mussten wir nahezu in Schussfahrt abfahren, um genug Geschwindigkeit zu erreichen und nicht schieben zu müssen. An der Durchgangsalm angekommen fellten wir auf und machten uns auf den Rückweg zum Naturfreundehaus.
Am Abend, nachdem wir den aktuellen Lawinenlagebericht vom Hüttenwirt bekommen haben, wollten wir unser Ziel für den kommenden Tag festlegen. Die Lawinenlage blieb wie erwartet auf einem 3er. Zwar wegen der umfangreichen Verfrachtung ein wenig unverständlich, aber wir wollten eh nichts riskieren. Daher gab es für uns eh keine andere Möglichkeit mehr wie den Nachbarberg der Kolmkarspitze, den großen Silberpfennig. Über einen ähnlichen Anstiegsweg kann man den Silberpfennig relativ lawinensicher besteigen. Wir wollen wieder wie gestern auch, unsere Taktik und Vorgehensweise den aktuellen vorherrschenden Bedingungen anpassen und so die Lawinengefahr so gering wie möglich halten.
Oberhalb der Filzenalm im Filzenkar.
Bei Schneefall starteten mit unserem gesamten Gepäck Richtung Durchgangsalm. Schon von Beginn an mussten wir wieder Spuren, denn der Wind hatte die gestrige Spur zum größten Teil wieder zugeweht. An der Filzenalm angekommen, drehten wir nach rechts ins Filzenkar ab und spurten einen Kamm direkt an. Dieser war aber so abgeblasen und eisig, dass mit Ski kein Weiterkommen war, Till und Ich nahmen unsere Ski in die Hand und stiegen zu Fuß die 40 Grad steile Flanke auf den Kamm hinauf. Die anderen zogen es vor, den weiteren Anstieg ins obere Filzenkar zur Pochhartscharte anzusteuern.
Oben auf dem Kamm schnallten wir unsere Ski wieder an die Schuhe und stiegen den abgeblasenen Kamm in Richtung Osten hinauf. Am obersten Ende des Kamm stand uns ein abenteuerlicher Abstieg hinunter zur Pochhartscharte bevor. Aber nach ein bisschen Rumgeeiere am Grat waren wir wieder bei unserer Gruppe, die einen Weg durchs Filzenkar gefunden hatten. Gemeinsam steuerten wir jetzt unser nächstes Zwischenziel, die Baukarlscharte an. Über abgeblasene Flanken erreichten wir eine finale 40 Grad Flanke. Hier wollten einige der Gruppe nicht mehr weiter. Team Extrawurst war aber wieder zu Stelle und so zogen Christian, Till, Felix und ich allein mit den Ski am Rucksack der 40 Grad Flanke ausweichend, den felsigen Anstieg auf einen Kamm hinauf. Oben angekommen, wurde beschlossen, dass wir auf der anderen Seite absteigen und so auf die Baukarlscharte kommen. Unten angekommen, steigen wir in unsere Ski und ziehen unsere Spur trotz des schlechter werdenden Wetters Richtung Silberpfennig. Rein nach dem Motto „lass uns doch einfach mal um die nächste Ecke schauen“ ging es relativ zielstrebig Richtung Gipfel. Der Nordseitige Gipfelaufstieg hatte es noch einmal in sich. Steile Spitzkehren mussten in kniehohem Neuschnee getreten werden und erschwerten uns so den finalen Aufstieg. Am Gipfelgrat angekommen, war der Weg zum Gipfel frei. Was für eine Freude! Außer eisige Finger ging es mir gut und so war die Freude riesig. Ich hätte ehrlich gesagt nicht mehr damit gerechnet.
Team Extrawurst auf dem Weg zum Großen Silberpfennig.
Nach einem Gruppenfoto bauten wir unsere Ski um und machten uns auf den Rückweg. Vorsichtig tasteten wir uns im tosenden Wind den Grat entlang, um dann die steile Schneeflanke hinunterzufahren. Hier mussten wir aufpassen, denn einige Tourengehern folgten unseren Spuren und so fuhren wir nach Absprache, dass wir die Aufsteiger nicht gefährdeten. Der Schnee war sehr unregelmäßig, schwer zu fahren und das mittlerweile diffuse Licht machte es uns nicht leichter. Wir tasteten uns langsam zurück zur Baukarlscharte, wo wir uns, so weit es unsere Sicht erlaubte, unsere Abfahrtspur in die unter uns liegenden Seealm planten. Man konnte durch die schlechte Sicht, kaum unterscheiden wo oben, unten, rechts oder links war, alles verschwand und manchmal fielen wir beim Abfahren wegen der fehlenden Anhaltspunkte im Gelände einfach um.
Trotz der miserablen Verhältnisse kamen wir Schritt für Schritt dem Tal näher. In den Flachpassagen des Kars mussten wir wegen des vielen Schnees abwärts schieben. Was für eine Schinderei! Endlich kam die Seealm in Sicht. Hier wurde die Sicht besser, der Schnee aber richtig schwer und die Abfahrt dementsprechend anstrengend. Immer den leichtesten Weg suchend kamen wir dann rasch ins Tal, wo wir in einer gut angelegten Spur zurück zur Mautstation hinausgeleiten konnten, wo unsere Gruppe bereits wartete.
Auf dem Gipfel des Großen Silberpfennig 2600m
Fazit: Wann ist viel Schnee eigentlich zu viel Schnee? Wir konnten an diesem Wochenende das alles selbst erfahren. In Kombination mit der prekären Lawinenlage waren diese Neuschneemengen einfach zu viel des Guten und so wurden wir, nicht nur in der Abfahrt regelrecht vom Schnee ausgebremst. Trotz der bescheidenen Bedingungen und des miserablen Wetters haben wir das Beste herausgeholt. Zwei unerwartete aber hart erkämpfte Gipfel bescherten einen versöhnlichen Abschluss. Danke an Tobi für die Organisation und für eine unglaublichen Spurleistung! Ich komme gerne wieder mit!
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