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Hoher Göll - Überschreitung via Mannlgrat und Schustersteig zum Purtscheller Haus

Teilnehmer: Robert

Datum: 14.07.2024

 

Gipfel:

Kehlstein 1879m

Hoher Göll 2522m

 

Schwierigkeiten:  B/C 1+ 1700Hm – 20km

Ausrüstung: Wanderausrüstung, evtl. Helm, Klettersteigset

Verhältnisse: Nasse, schmierige und unangenehme Verhältnisse im Mannlgrat. Völlig Schneefrei.

Wetter: Starke Sichteintrübung unterhalb 2100m, darüber strahlend schöner Sommertag mit Fernsicht

 

 

Strecke: Großparkplatz Obersalzberg – Wanderweg 40 zum Kehlsteinhaus – Buswendeplatte unterhalb des Kehlsteinhauses 1710m - Kehlsteinhaus 1834m – Kehlstein Gipfel 1879m – Mannlgrat Klettersteig B/C – Hoher Göll 2522m – Schustersteig – Purtscheller Haus 1692m – Eckersattel 1413m - Rossfeldstraße – Großparkplatz Obersalzberg

Ich weiß nicht mehr genau, an was es genau lag, dass ich die letzten 3 Monate nicht den unbedingten Drang verspürte, Bergtouren zu machen. Zu einem gewissen Teil war es die Tatsache, dass das Wetter nicht das planbarste und stabilste war. Ich musste einige festgeplante Touren in den Westalpen aber auch Sektionstouren absagen, beziehungsweise auf später verschieben. Wenn ich Zeit hatte, war entweder kein Tourenpartner greifbar oder das Wetter war so miserabel, dass es eine Anfahrt in die Berg nicht rentierte. Es war zum Mäuse melken!

 

Bestimmt war es aber auch daran gelegen, das ich aufgrund Alberts Unfall lange darüber nachdachte, ob es das noch wert war und ob ich mit der immer drohenden Gefahr eines Unfalls leben kann. Aber das erklärte mir dann im Laufe der Zeit mein Gemüt, denn je länger die Bergabstinenz wurde, desto unruhig und launischer wurde ich. Außerdem, so denke ich, würde uns Albert für verrückt erklären, wenn wir wegen Ihm oder seinem Unfall das Bergsteigen, Tourengehen oder Klettern unterlassen würden…nein, er würde sagen „Buam, spinnts, geht’s in de Berg und habts Spaß“

Am Kehlsteinhaus - Leider ohne Aussicht!

Und genau das mache ich! Ich freute mich, dass es endlich mal wieder hinhaute mit dem Wetter und meinen Kalender. Aus einer langen Liste von möglichen Touren hatten Robert und ich und den Mannlgrat ausgesucht. Zum einen, weil wir beide im Sommer noch nicht auf dem Göll waren und zum anderen, weil wir abends zeitig wieder daheim sein sollten.

 

Wir parkten also am Großparkplatz Obersalzberg, packten unseren Rucksack und gingen den gelben Wanderschildern auf der Scharnitzkehlstraße zum Beginn des Steigs zum Kehlsteinhaus nach. Nach hundert Meter biegen wir nach rechts ab und steigen in angenehmer Steigung einen Wanderweg hinauf. Es ist neblig und wir haben quasi keine Sicht. Von dem, von der ZAMG angekündigten schönen Sommertag ist vor lauter Nebel nichts zu sehen. Die unglaubliche Luftfeuchtigkeit und das mittlerweile für mich ungewohnt hohe Tempo lassen mich schwitzen. Irgendwann mündet der Steig in eine geteerte Straße, der Dalsenwinkelstraße ein. Kurze Zeit später stehen wir auf der momentan noch ruhigen Buswendeplatte. Jetzt fehlen nur noch gut 120 Höhenmeter bis zum Kehlsteinhaus, die wir in engen Serpentinen überwinden. 

Am Mannlgrat...

Oben angekommen, haben wir eine Sicht von zehn Meter. Echt extrem Schade, denn die Aussicht von diesem Kehlsteinhaus ist mit ein Grund, warum der frühere NSDAP Vorzeigebau im Sommer regelrecht gestürmt wird. Wer einen Teil der dunkelsten deutschen Geschichte erleben will, der ist hier richtig.

Wir halten uns nicht lange, denn wir haben noch viel vor. Wir passieren das Gipfelkreuz des Kehlsteins und erreichen bald die ersten seilversicherten Stellen. Nasser, rutschiger und abgespeckter Fels erwarten uns. Wir müssen höllisch aufpassen nicht den Halt zu verlieren. Konzentriert erklettern wir mal rechts mal links der Gratschneide um riesige Blöcke, schlüpfen durch Felsspalten und müssen uns in kleinen Durchschlupfen durchquetschen. Alles sehr abwechslungsreich und für mich die Erklärung, warum dieser Anstieg eine der meistfrequentierten Touren in den Berchtesgadener Alpen ist. Immer wieder denke ich wie schön hier wohl die Aussicht sein müsste, aber der Nebel lichtet sich nicht. Auch die Felsen werden nicht trockener.

 

Bei Nässe ist der Steig durch die abgespeckten, abgegriffenen und glatten Felspassagen echt nicht zu empfehlen. Immer wieder rutschen wir mit den Füßen weg. Dennoch kommen wir recht flott voran, überholen vor uns gestartete und erreichen relativ schnell den letzten Teil des Mannlgrats, einen großen Kessel, wo uns eine Schuttreisse hinauf zu den letzten Seilpassagen führt. Über zwei Kamine (B/C) erreichen wir den unteren Teil eines großen Rücken am Hohen Göll. 

Diese Momente sind einfach unbezahlbar! - König Watzmann lugt aus den Wolken.

Hier erleben wir einen der Momente, warum ich das Bergsteigen so liebe. Waren wir gerade noch in der Nebelsuppe, stehen wir jetzt am Ende der Schwierigkeiten in der Sonne, knapp über den Wolken. Eine unglaubliche Stimmung. Wir stehen nur da und schauen. Nur die höchsten Gipfel der Berchtesgadener Alpen ragen aus dem Wolkenmeer. Großer Hundstod, Watzmann und hinter uns der Hohe Göll. Wir beschließen spontan hier und genau jetzt Pause zu machen. Vor staunen vergesse ich aber etwas zu essen. Erst die Stimmen der nachfolgenden Bergsteiger reißen uns aus dieser einmaligen Stimmung. Ich nehme im Aufstehen noch einen Schluck Cola und schon kurze Zeit später geht’s weiter zum Gipfel. 

 

Hier auf dem Rücken ist der Fels trocken, endlich, aber dennoch ist es sehr mühsam. Tiefe Wasserrillen und loses Gestein erschweren uns den Weg nach oben. Wir passieren den Rauchfang, wo wir noch einige Bergsteiger die vom Purtscheller Haus aus aufsteigen, überholen. Was ist dieser Hohe Göll im Gegensatz zum eher grazilen Watzmann für eine Riesenklotz.  Breit und massig! Je höher wir kommen, desto größer wird unsere Aussicht. Schönfeldspitze und davor gelagert das Steinerne Meer kommen in den Blick.

Auf dem Rücken, im Hintergrund ist der Gipfel schon in Sicht.

Einige letzte Schneefelder lassen wir in den Senken rechts liegen und schon sind wir auf dem Gipfel. Hier ist einiges los. Etwa 30 Leute tummeln sich auf dem Gipfel. Von allen Seiten wird dieser Gipfel bestiegen. Wir machen kurz ein paar Fotos, genießend die Aussicht! Die ist atemberaubend schön!

Wir sprechen kurz über unsere Abstiegsmöglichkeiten. Entweder wir nehmen den Normalweg über das Alpeltal, die Schusterroute zum Purtscheller Haus oder die vielleicht schönste, aber auch längste Variante über das Hohe Brett. Da wir abends rechtzeitig zu Hause sein sollen nehmen wir die Schusterroute.

 

Gesagt getan, wir lassen den Trubel auf dem Gipfel hinter uns und steigen den breiten Rücken zurück zum Rauchfang hinab. Wir lassen den ersten Abstieg zum Purtscheller Haus, die Kaminvariante, rechts liegen und steuern den Normalen Schusterabstieg an. Über leichte versicherte A/B Klettersteigstellen kommen wir rasch hinunter. Erneut erschweren uns tiefe Wasserrillen und viele unregelmäßig hohe Felsstufen den Abstieg. Es dauert gefühlt eine Ewigkeit, bis wir die ersten Kuhglocken des nahenden Almgelände des Purtscheller Hauses hören können. Quasi ein Völker verbindender Gemeinschaftsbau. Wir betreten das Haus über die Terrasse auf der Bayerischen Seite, über queren die Landesgrenze im Hausinneren, bestellen unsere Erfrischung im Haus und genießen die Aussicht und das Getränk auf der Terrasse der Österreichischen Seite. Diese alpine Besonderheit hatte nicht nur in der Nachkriegszeit, bestimmt auch sonst so einige kuriose Begebenheiten zur Folge. Diese Geschichten würden mich interessieren.

Das wohl schönste Gipfelkreuz in den Berchtesgadener Alpen...

Wir blieben nicht lange, die Aussicht war schön, sehr schön aber die lärmenden Fahrgeräusche wilder Motorradfahrer auf der Rossfeldstraßen waren schon richtig störend. Wir setzten unseren Abstieg fort. Der Weg war nach den letzten Regenfällen nass und dementsprechend rutschig. Richtig matschig! Extrem schlecht zu gehen. Bei jeden Schritt drohte man weg zu rutschen.

 

Auf einer von einer Österreichischen Bank gesponsorten Holztreppe verloren wir richtig schnell an Höhe. Über einige hundert Meter zog sich die Treppe bis zum Eckersattel hinunter. Auf der guten Forststraße konnten wir es wieder laufen lassen. Im Laufschritt erreichten wir die Enzianhütte und die Rossfeld Panoramastraße. Hier musste wir nur noch gut 2km der Straße entlang hinunter marschieren um wieder am Ausgangspunkt, am Obersalzberg Parkplatz anzukommen.

Eine Linie zum Niederknien - der Kuchlerkamm auf den Hohen Göll!

Fazit: Bin ich froh endlich mal wieder eine Bergtour gemacht zu haben. Obwohl eines aufkommenden Muskelkaters, während ich diese Zeilen schreibe, überwiegen die positiven Erlebnisse um ein Vielfaches. Wie hatte ich das vermisst!

Eine Tour auf den hohen Göll ist immer eine besondere Sache. Egal ob im Sommer oder im Winter. Ich hatte diese Tour, wie wir sie heute gemacht haben vor 7 Jahren schon mal in meiner Heimatsektion angeboten, damals kam mir allerdings die Geburt meiner Tochter in die Quere…

 

Zu den Verhältnissen kann ich nur sagen, dass wir am Mannlgrat schwierige Verhältnisse hatten. Der durch die vielen Begehungen abgenutzte Fels entlang des Stahlseils, wird durch Nässe so richtig rutschig und gefährlich. Auch die Sicht entlang des Mannlgrats war tendenziell gegen Null. Erst als wir am unteren Teil des Bergrückens waren, erlebten wir unsere große Erleuchtung mit einer Fernsicht die wirklich nichts zu wünschen übrig lässt. Vielen Dank an Robert, der wieder einmal mitgekommen war.

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